Zürich – Die neue Migros-Präsidentin heisst Ursula Nold. Die Delegierten der regionalen Genossenschaften haben damit am Samstag eine Frau aus den eigenen Reihen ins Präsidium der Verwaltung des Migros-Genossenschaftsbundes gewählt, wie das Unternehmen mitteilte.
Nold wird das Amt am 1. Juli antreten. Sie setzte sich bei ihrer Wahl am Samstag in Zürich mit 73 zu 27 Stimmen gegen ihre Konkurrentin durch, wie es in der Mitteilung weiter heisst. Damit wird sie künftig die 23-köpfige Verwaltung präsidieren, das oberste Aufsichts- und Verwaltungsgremium des Migros-Genossenschaftsbundes.
Die Wahl wurde intern als richtungsweisend wahrgenommen. Denn angetreten ist Nold gegen Jeannine Pilloud und damit die Präsidentin der Delegiertenversammlung des Migros-Genossenschaftsbunds gegen die ehemalige Chefin Personenverkehr bei den SBB – eine Frau, die die Migros von Innen kennt, gegen eine Frau, die von Aussen kommt.
Bemerkenswert daran ist, dass Pilloud die offizielle Unterstützung der Migros-Oberen hatte. Sie war vom Evaluationsgremium der Migros zur Wahl empfohlen worden.
Bonus des Migros-Eigengewächses
Bei den Delegierten dürfte Nold den Bonus der Kandidatin gehabt haben, welche die Migros und ihre Kultur kennt, während Pilloud das Etikett der Veränderung angeheftet wurde.
Die Wahl von Nold kann also durchaus als Aversion gegen Veränderung interpretiert werden. Denn die Delegierten, jene, die Nold gewählt haben, sind Vertreterinnen und Vertreter der einzelnen Genossenschaften. Und diese zehn regionalen Genossenschaften geniessen viel Einfluss.
Dabei bestehen grosse Unterschiede zwischen den grossen umsatz- und ertragsstarken Genossenschaften wie Aare oder Ostschweiz im Vergleich zu den kleinen in der Westschweiz oder im Tessin – mit dem Effekt, dass die Organisationsstruktur der Migros komplex und nicht frei von Doppelspurigkeiten ist.
Migros kämpft mit sinkenden Gewinnen
Dies und eine Detailhandelslandschaft, die wegen Online- und ausländischer Konkurrenz zusehends härter wird, werden als Gründe dafür gesehen, dass bei der Migros bereits seit Jahren die Gewinne sinken. Am Dienstag wird das Unternehmen die Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr präsentieren; trotz gestiegener Umsätze, die bereits seit Januar bekannt sind, wird der Gewinn laut Beobachtern auch 2018 nicht rosig ausgefallen sein.
Wenn nun eine neue Präsidentin hier den Hebel ansetzen und Reformen forcieren würde, dann ginge das mit der Einbusse von Eigenständigkeit, vor allem der kleinen Genossenschaften einher. Im Vergleich dazu hat Konkurrent Coop bereits vor bald zwanzig Jahren die regionalen Genossenschaften zu einer Einheit zusammengeschlossen und weniger als die Migros mit Ertragsschwäche zu kämpfen.
Nach der Wahl dankte Ursula Nold den Migros-Delegierten für das Vertrauen: «Ich freue mich, gemeinsam mit den regionalen Genossenschaften, der Verwaltung und der Generaldirektion mitzuhelfen, die Migros in die Zukunft zu führen», liess sie sich in der Mitteilung zitieren.
Erstmals eine Frau
Nold ist seit 2005 Dozentin und Angebotsverantwortliche für den Bereich Kader- und Systementwicklung im Institut für Weiterbildung und Medienbildung der Pädagogischen Hochschule Bern. Daneben ist sie Verwaltungsrätin des Bildungsunternehmens WKS KV Bildung, Verwaltungsratspräsidentin der KMU-Unterstützerfirma Be Advanced sowie Stiftungsrätin von Konzert Theater Bern.
Das Büro der Delegiertenversammlung wird nun über die Übergangslösung für Ursula Nold als Präsidentin der Delegiertenversammlung bis zu den Neuwahlen im Frühjahr 2020 befinden, wie die Migros weiter mitteilte.
Der bisherige Präsident, der Tessiner Wirtschaftsanwalt Andrea Broggini, hatte vergangenen Herbst seinen vorzeitigen Rücktritt angekündigt. Das Amt des Verwaltungspräsidenten wird nun erstmals in der Geschichte der Migros an eine Frau gehen. (awp/mc/ps)