Zürich – Bei der Migros dürfte die Zeit der jahrelangen Steigerung der Betriebsgewinne vorbei sein: Die starken Preiserhöhungen für Rohmaterialien und Energie werden im laufenden Jahr zum Klotz am Bein des «orangen Riesen».
«Die Preissteigerungen hatten bereits im 2021 erste Auswirkungen. Sie werden uns so richtig im 2022 treffen», sagte die neue Finanzchefin Isabelle Zimmermann am Dienstag auf der Bilanzmedienkonferenz in Zürich.
«Wir sind seit letztem Herbst mit steigenden Energie- und Rohstoffkosten konfrontiert», sagte Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen in einem Interview mit AWP-Video. Der Krieg in der Ukraine habe die Situation noch verschärft.
Es sei derzeit sehr schwierig, Prognosen zu Preiserhöhungen in den Läden zu machen, weil die Abhängigkeiten weltweit so gross seien. «Wir analysieren Produkt für Produkt, was das bedeutet», sagte der Migros-Chef.
Risiken für Versorgungssicherheit eingegangen
Aufgrund der der finanziellen Stärke der Migros, habe man beschlossen, für die Versorgungssicherheit der Schweiz einige Risiken einzugehen. So kaufe die Migros Produkte und Rohstoffe zu den heutigen hohen Preisen, um sicherzustellen, dass sie die Produkte dann auch in der zweiten Jahreshälfte habe.
So habe man beispielsweise Verpackungsmaterial für mehrere Monate am Lager. «Unsere Marge ist stark unter Druck», sagte Zumbrunnen.
Auf die Frage, welche Produkte aufschlagen könnten, sagte der Migros-Chef, Preiserhöhungen seien beispielsweise bei Brot oder Pasta wahrscheinlich. In der Schweiz würden sich steigende Getreidepreise allerdings weniger beim Brot, sondern vor allem bei den Futtermitteln auswirken. Und wenn diese teurer würden, würden in ein paar Monaten auch die Fleischpreise anziehen.
Zumbrunnen: «Genug Lebensmittel in der Schweiz»
Für die Versorgungssicherheit stehe die Migros in engem Kontakt mit dem Bund, in dessen Auftrag sie einige Produkte am Lager halte. Leere Regale sieht Zumbrunnen nicht: «Es gibt genug Lebensmittel für die Schweiz. Das Problem sind eher die Preissteigerungen.»
In diesem Jahr dürfte es noch nicht zu massiven Preisaufschlägen kommen. Aber mittelfristig werden die Migros wahrscheinlich diese Preiserhöhungen nicht verhindern können.
Höhere Profitabilität
Im vergangenen Jahr hat die Migros-Gruppe die Gewinne verbessert, wenn man die Verkäufe von Geschäftseinheiten ausklammert. So stieg der Betriebsgewinn (EBIT) um 11,4 Prozent auf 800 Millionen Franken. Das sei die vierte Steigerung hintereinander, sagte Finanzchefin Zimmermann.
Unter dem Strich wäre der Reingewinn auf bereinigter Basis um ein Fünftel auf 668 Millionen Franken geklettert. Hier sind die Verkäufe der Warenhauskette Globus, des Gastro-Grosshändlers Saviva und des Einkaufszentrums Glatt nicht eingerechnet, die im Jahr 2020 den Gewinn um rund 1,2 Milliarden Franken nach oben getrieben hatten.
Der Umsatz der Migros-Gruppe stieg 2021 auf bereinigter Basis um 2,3 Prozent auf 28,9 Milliarden Franken.
Hotelplan wieder besser unterwegs
Dies sei gelungen, obwohl wichtige Geschäftsfelder wie Reisen, Gastronomie und das Freizeitgeschäft erneut Rückschläge erlitten hätten. Bei der Reisetochter Hotelplan Group hat sich die Lage etwas aufgehellt. Zwar musste der Ferienanbieter nochmals einen Umsatzrückgang von rund 12 Prozent hinnehmen. Der operative Verlust (EBIT) konnte aber auf 41 Millionen Franken verkleinert werden von -117 Millionen im Vorjahr.
«Wir haben in der zweiten Hälfte des letzten Jahres festgestellt, dass die Reiselust intakt ist», sagte Zumbrunnen. Das zweite Semester sei sogar besser ausgefallen als die gleiche Periode im Vor-Coronajahr 2019.
«Auch der Anfang dieses Jahres war sehr positiv bis zum Krieg. Nichtsdestotrotz bleiben wir optimistisch für die kommenden Monate», sagte der Migros-Chef. Die Hotelplan-Gruppe werde dieses Jahr in die schwarzen Zahlen zurückkehren, wenn es so weitergehe wie bisher. (awp/mc/pg)