Mindeststeuer liegt laut Bundesrat im Interesse der Schweiz
Bern – Stabile Rahmenbedingungen schaffen sowie Steuereinnahmen und Arbeitsplätze für die Schweiz sichern: Mit diesen Begründungen empfehlen Bundesrat sowie Kantone, Städte und Gemeinden ein Ja zur Mindestbesteuerung von international tätigen Konzernen gemäss OECD- und G20-Regeln am 18. Juni.
Umgesetzt werden soll die OECD/G20-Mindestbesteuerung auf der Grundlage einer Verfassungsänderung, über die Volk und Stände an der Urne entscheiden. Die Schweiz und mit ihr rund 140 Staaten haben sich dem Projekt angeschlossen, hinter das sich auch Kantone, Städte und Gemeinden stellen.
«Im Interesse der Schweiz»
Mindestens 15 Prozent Steuern auf ihren Gewinnen sollen international tätige Unternehmensgruppen mit über 750 Millionen Euro Umsatz bezahlen. Umsetzen soll dies die Schweiz ab 1. Januar 2024, gemeinsam mit den EU-Ländern und weiteren Staaten.
Finanzministerin Karin Keller-Sutter und Vertreter von Kantonen und Gemeinden stellten am Montag in Bern ihre Argumente für ein Ja vor. Laut Keller-Sutter gibt es zwar keinen Zwang, die OECD-Mindestbesteuerung einzuführen. Doch: «Die Vorlage ist im Interesse der Schweiz und des Wirtschaftsstandortes.»
Ein Ja gebe den betroffenen multinationalen Unternehmensgruppen stabile internationale Rahmenbedingungen. Mache die Schweiz beim Projekt nicht mit, könnten die von den internationalen Unternehmensgruppen zusätzlich geschuldeten Steuern an andere Staaten gehen, gab Keller-Sutter zu bedenken.
Zu den zusätzlichen Einnahmen für die Schweiz gibt es noch wenig Konkretes. Im ersten Jahr könnten gemäss Schätzungen eine bis 2,5 Milliarden Franken fliessen. Für die Zeit danach werden keine Zahlen genannt. Wie viel es sein wird, hängt von der Reaktion der Unternehmen auf die steuerlich weniger attraktive Schweiz ab.
Rund ein Prozent der Unternehmen
Laut Keller-Sutter betrifft die Mindeststeuer rund ein Prozent der etwa 600’000 Unternehmen in der Schweiz. Die Eidgenössische Steuerverwaltung schätzt die Zahl auf «wenige Hundert» inländische und «wenige Tausend» ausländische Unternehmensgruppen.
Der Kanton Genf gehe von 300 bis 600 betroffenen Unternehmen auf seinem Boden aus, ergänzte Staatsrätin Nathalie Fontanet. Welche Einnahmen daraus resultierten, sei noch offen. Betroffene Unternehmen wünschten eine Umsetzung gemeinsam mit anderen Ländern. Wegziehen wolle wegen der neuen Mindeststeuer bis jetzt keines.
Geplant ist, dass Unternehmen in Kantonen, in denen ihr Gewinn zu unter 15 Prozent besteuert wird, eine Ergänzungssteuer abliefern. 75 Prozent dieser Einnahmen erhalten die Kantone, 25 Prozent der Bund. Die Einnahmen der Kantone würden im Finanzausgleich berücksichtigt, so dass auch Finanzschwache profitierten, sagte Keller-Sutter dazu.
«Entspricht den Erwartungen der Kantone»
Ernst Stocker (Zürich), Präsident der Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und -direktoren, lobte die rasche und gezielte Umsetzung der OECD/G20-Regeln: «Das Ergebnis entspricht den Erwartungen der Kantone, und die Kantone erhalten richtigerweise 75 Prozent der Einnahmen.» Was sie damit tun, entscheiden sie selber.
Die Unternehmenssteuer-Einnahmen seien für die Städte und Gemeinden wichtig, und sie hätten die Risiken durch Standortentscheide mitzutragen, fügte der Stadtzürcher Finanzdirektor Daniel Leupi an. Er ist gleichzeitig Präsident der Konferenz der städtischen Finanzdirektorinnen und -direktoren.
Daher brauche es die vom Parlament beschlossene angemessene Beteiligung der Städte und Gemeinden an den Einnahmen. Verwenden sollen die Kantone und die Kommunen die Gelder für eine Verbesserung der Standortqualität. Leupi nannte als Beispiele Kindertagesstätten, Kultur, Verkehrsinfrastrukturen und Schulhäuser.
Verbotene Subventionen
Nicht erlaubt seien Subventionen als Kompensation für die höhere Besteuerung, stellte Keller-Sutter klar. Wolle ein Kanton mehr Mittel für Forschung und Entwicklung gewähren, müssten diese allen Unternehmen zugute kommen.
Die OECD/G20-Mindestbesteuerung werde kommen, mit oder ohne Schweiz, sagte Keller-Sutter auf die Frage nach einem Plan B für den Fall eines Nein. Es gehe um die Frage, «ob wir Einnahmen ans Ausland verschenken oder aber in der Schweiz behalten wollen».
Ohne Mindestbesteuerung in der Schweiz können andere Staaten die Differenz zwischen der tieferen Steuer und der Mindestbesteuerung einziehen. Die Schweiz wurde damit Steuereinnahmen verlieren. Umgekehrt könnte auch die Schweiz zusätzliche Steuern erheben, wenn andere Länder die Vorgaben der Mindestbesteuerung nicht erfüllen. (awp/mc/pg)