Bern – Schweizer Forschende sollen Klarheit bekommen, wie es bei der Forschungszusammenarbeit mit der EU weitergeht. Der Nationalrat hat am Donnerstag eine Motion mit diesen Anliegen angenommen. Beim Bundesrat rennt er damit offene Türen ein.
Für die Forschung hat sich die Situation mit Annahme der Masseineinwanderungs-Initiative grundlegend geändert. Nach Jahren der Teilnahme an europäischen Forschungsprojekten gilt die Schweiz nun als Drittsaat. Schweizer Forschende können zwar noch an Projekten teilnehmen, aber nicht mehr mit dem gleichen Status. Zudem muss die Schweiz die dafür nötigen Mittel selber bereitstellen.
EU legt Verhandlungen über «Horizon 20/20» auf Eis
Nach der Abstimmung vom 9. Februar legte die EU die Verhandlungen über die Assoziierung der Schweiz an das Forschungsabkommen «Horizon 2020» auf Eis. Trotz entsprechender Bemühungen der Schweiz konnten diese bisher nicht wieder aufgenommen werden – eine Assoziierung noch in diesem Jahr ist nach Auskunft von Bundesrat Johann Schneider-Ammann unwahrscheinlich.
Oberstes Ziel des Bundesrats bleibe aber, wie von der Motion gefordert, «die bestmögliche Assoziierung an ‹Horizon 2020› so früh wie möglich», hielt der Forschungsminister im Nationalrat fest. Auch den Auftrag, eine Übergangslösung zu erarbeiten, hält er für erfüllt: Noch im Juni will Schneider-Ammann dem Bundesrat einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten.
Klarheit schaffen
«Wir müssen Klarheit schaffen, was 2014 gelten soll», sagte er. Klarheit schaffen muss der Bundesrat auch in der Frage, ob er für die Forschung zusätzliche Mittel bereitstellen soll. Bisher hat die Schweiz von der Zusammenarbeit mit der EU profitiert: In den letzten Jahren bezogen Schweizer Forschende rund 500 Millionen Euro vom Europäischen Forschungsrat – doppelt so viel, wie die Schweiz eingezahlt hatte.
Lösung für Studentenaustausch aufgegleist
Ähnlich präsentiert sich die Situation bei Bildungsprogramm «Erasmus+», von welchem die Schweiz ebenfalls abgeschnitten ist. Die Bildungskommission des Nationalrats fordert mit ihrer Motion auch dafür eine Übergangslösung. Eine solche hat der Bundesrat schon Mitte März beschlossen: Mit den 22,7 Mio CHF, die für «Erasmus+» vorgesehen waren, sollen für den Studentenaustausch eingesetzt werden. Projekte sollen nur noch in geringem Ausmass gefördert werden. Diese Lösung, die für 2014 gilt, könnte auch die «Politik der kommenden Jahre» darstellen, wie Schneider-Ammann sagte.
Die SVP und ein Teil der FDP hatten sich gegen die Motion gewehrt. Die SVP befürchtete, dass mit «Erasmus+» wenig sinnvolle Projekte gefördert werden, die FDP warnte unter anderem vor zusätzlichen Kosten. Kommissionssprecherin Christine Bulliard-Marbach (CVP/FR) wies jedoch auf die Bedeutung eines entschiedenen und geschlossenen Auftretens gegenüber der EU hin. Der Rat nahm die Motion mit 117 zu 64 Stimmen bei 2 Enthaltungen an. Mit 133 zu 48 Stimmen bei 3 Enthaltungen stimmte er einer weiteren Kommissionsmotion zu, welche den Bundesrat beauftragt, aufgrund der neuen Ausgangslage die Strategie zur Behebung des Fachkräftemangels zu überarbeiten und dem Parlament entsprechende Vorschläge zu unterbreiten.
Aufgrund der offenen Formulierung hatte sich der Bundesrat bereit erklärt, die Motion entgegenzunehmen. Die SVP hatte sich erfolglos dagegen gewehrt: Die Forderung sei sinnlos, solange die Vorschläge des Bundesrats zur Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative noch nicht vorlägen, sagte Nadja Pieren (SVP/BE). (awp/mc/pg)