Ständerat Thomas Minder, Initiant Abzocker-Initiative.
Bern – Der Nebel über der Abzocker-Debatte lichtet sich. Voraussichtlich wird das Stimmvolk die Wahl haben zwischen der Initiative und einem direkten Gegenvorschlag mit Bonussteuer. Lange schien es, als nehme die Geschichte um die Abzocker-Initiative von Thomas Minder und mögliche Gegenvorschläge kein Ende. Nach vier Jahren Seilziehen stehen die Räte nun vor einer Einigung.
In einer Gesetzesrevision, die als indirekter Gegenvorschlag dienen soll, haben sie zentrale Punkte der Initiative aufgenommen. Nur in einem Punkt sind sich die Räte noch nicht einig geworden.
Völlig anderes Mittel
Die Initiative und der indirekte Gegenvorschlag beinhalten ausschliesslich aktienrechtliche Massnahmen: Ziel ist es, Lohn- und Bonusexzesse durch eine Stärkung der Aktionärsrechte einzudämmen. Daneben soll es aber auch noch einen direkten Gegenvorschlag geben, über den das Volk abstimmen kann – mit einem völlig anderen Mittel zur Bekämpfung der Abzockerei. Bekannt wurde die Idee unter dem etwas irreführenden Namen «Bonussteuer». Vergütungen über drei Millionen Franken sollen nicht mehr zum geschäftsmässig begründeten Aufwand gehören. Damit könnten Unternehmen solch hohe Vergütungen nicht länger von den Steuern abziehen. Es würde also ein Anreiz für Firmen geschaffen, nicht so hohe Löhne und Boni auszurichten.
Ständerat für Bonussteuer
Der Nationalrat sprach sich mit 100 zu 87 Stimmen bei 2 Enthaltungen dafür aus, die Bonussteuer dem Stimmvolk als Gegenvorschlag zur Initiative vorzulegen. Dieser Lösung dürfte auch der Ständerat zustimmen: Im Gegensatz zum Nationalrat hatte er sich stets für die Bonussteuer ausgesprochen. Der Ständerat hätte diese in die Gesetzesrevision einbauen wollen, die als indirekter Gegenvorschlag zur Initiative dient. Im Nationalrat fand sich dafür aber keine Mehrheit. Die bürgerliche Mehrheit war der Ansicht, die Bonussteuer schade den Unternehmen.
Quer in der Landschaft
FDP, SVP und BDP blieben dabei und stellten sich auch am Dienstag gegen die Bonussteuer. Faktisch handle es sich um eine Erhöhung der Gewinnsteuer, monierten sie. Die Bonussteuer stehe quer in der Landschaft, denn die Initiative sehe keine ähnlichen Bestimmungen vor. Der indirekte Gegenvorschlag erfülle 20 von 24 Forderung der Initiative, gab Gabi Huber (FDP/UR) zu bedenken. Dennoch reichte es für ein Ja, nicht zuletzt mit Hilfe der Grünliberalen. Diese hatten die Bonussteuer als Teil der Gesetzesrevision abgelehnt, aber bereits damals in Aussicht gestellt, die Frage weiterzuverfolgen.
Trumpf im Abstimmungskampf
Für ihr Ja am Dienstag machten die Grünliberalen abstimmungstaktische Gründe geltend. Allein mit dem indirekten Gegenvorschlag werde es schwierig, die Initiative zu bekämpfen, sagte Martin Bäumle (GLP/ZH). Mit der Bonussteuer habe das Parlament dagegen einen Trumpf in der Hand. «Die Bonussteuer ist nicht vom Teufel.» Inhaltlich machten sich vor allem SP, Grüne und CVP für die Bonussteuer stark. Der Abzockerei sei nicht allein mit einer Stärkung der Aktionärsrechte beizukommen.
Auch für Investmentbanker
Auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga plädierte für die Bonussteuer. Diese sei ein adäquates Mittel, um Exzesse zu verhindern und eine langfristig ausgerichtete Vergütungspolitik zu gewährleisten. Zudem könnten mit einer Bonussteuer all jene erfasst werden, die von der Volksinitiative und dem indirekten Gegenvorschlag nicht erfasst würden, obwohl sie zum Teil mehr als die Mitglieder des Verwaltungsrates oder der Geschäftsleitung verdienten. Als Beispiel nannte Sommaruga Investmentbanker.
Nein zu Initiative
Kombiniert mit dem indirekten Gegenvorschlag stelle der direkte eine valable Alternative zur Initiative dar, befand Sommaruga. Der Nationalrat beschloss denn in der Folge auch, dem Volk die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen und den direkten Gegenvorschlag zur Annahme – mit 94 zu 55 Stimmen bei 37 Enthaltungen. Der grösste Teil der SVP-Fraktion enthielt sich der Stimme. Nun hat der Ständerat zu entscheiden. Beim indirekten Gegenvorschlag müssen sich die Räte noch einigen, wie sie Ausnahmen zum Verbot von goldenen Fallschirmen und Vorauszahlungen regeln wollen. Die Abzocker-Initiative will solche Zahlungen ganz verbieten. National- und Ständerat möchten Ausnahmen zulassen, wobei der Ständerat höhere Hürden dafür verlangt.
Einigungskonferenz sucht Lösung
Nach dem Willen des Ständerates sollen die Aktionäre Abgangsentschädigungen im Einzelfall genehmigen müssen, und zwar mit Zweidrittelsmehr. Für den Nationalrat würde es reichen, wenn goldene Fallschirme im Vergütungsreglement vorgesehen wären. Nach einer Lösung suchen muss nun die Einigungskonferenz. In den übrigen Punkten sind sich die Räte einig geworden. So schwenkte der Nationalrat in der Frage, was das Vergütungsreglement genau beinhalten muss, auf die Linie des Ständerates ein. Einer Bereinigung in der laufenden Session steht nichts mehr im Weg. (awp/mc/upd/ps)