Nationalrat bleibt beim Nein zur Bonussteuer
«Giffiger Gegenvorschlag oder mehr oder weniger zahnloser Kukident-Pudel»: Pirmin Bischof.
Bern – Der indirekte Gegenvorschlag zur Abzocker-Initiative wird definitiv nicht mit einer Bonussteuer angereichert. Der Nationalrat hat am Mittwoch erneut Nein dazu gesagt. Damit ist die Bonussteuer vorläufig vom Tisch. Der Ständerat hatte sich im Einklang mit dem Bundesrat für eine Bonussteuer ausgesprochen. Unternehmen hätten so Vergütungen über drei Millionen Franken nicht länger von den Steuern abziehen können. In Verlustjahren wären solch hohe Boni zudem unzulässig gewesen.
Weil der Nationalrat die Bonussteuer im ersten Durchgang nur knapp abgelehnt hatte, rechneten sich die Befürworter Chancen aus, dieser Regulierung nach den Wahlen zum Durchbruch zu verhelfen. Der neu zusammengesetzte Nationalrat lehnte die Bonussteuer jedoch deutlicher ab als der alte: Er sagte mit 98 zu 85 Stimmen Nein. Vor den Wahlen lag das Verhältnis bei 97 zu 92 Stimmen.
Zahnloser Kukident-Pudel
SP, Grüne und CVP riefen den Rat vergeblich zu einem Ja auf. Nur mit einer Bonussteuer sei der indirekte Gegenvorschlag eine echte Alternative zur Abzocker-Initiative von Thomas Minder, sagte Susanne Leutenegger Oberholzer (SP/BL). Letztlich gehe es um die Frage, ob das Parlament einen griffigen Gegenvorschlag wolle oder einen «mehr oder weniger zahnlosen Kukident-Pudel», gab Pirmin Bischof (CVP/SO) zu bedenken. Die bürgerliche Mehrheit war jedoch der Ansicht, die Bonussteuer würde den Unternehmen schaden. Faktisch handle es sich um eine Erhöhung der Gewinnsteuer, sagte Gabi Huber (FDP/UR). Indirekt wäre damit auch der Mittelstand betroffen, argumentierte Hans Kaufmann (SVP/ZH).
Grünliberale sagen Nein
Die Befürworter widersprachen. Bestraft würden nur jene Unternehmen, die überhöhte Boni auszahlten, gaben Daniel Vischer (Grüne/ZH) zu bedenken. Heute würden Abzocker-Unternehmen steuerlich belohnt. Die Mehrheit vermochte dies nicht zu überzeugen. Auch die Grünliberalen stimmten am Ende Nein. Martin Bäumle (GLP/ZH) kündigte allerdings an, seine Partei wolle die Frage der Bonussteuer «weiterverfolgen». Allenfalls könnte eine solche Steuer in einen direkten Gegenvorschlag zur Initiative eingebaut werden.
Noch mehrere Differenzen
Im langen Hin und Her um die Abzocker-Initiative und mögliche Gegenvorschläge dazu hatten die Räte sowohl einen indirekten Gegenvorschlag auf Gesetzesebene als auch einen direkten auf Verfassungsebene ausgearbeitet. Der direkte Gegenvorschlag liegt aber derzeit auf Eis. Beim indirekten Gegenvorschlag sind sich die Räte noch nicht in allen Punkten einig. Definitiv ist hier erst das Nein zur Bonussteuer. Die übrigen Punkte gehen zurück an den Ständerat. Ziel der Abzocker-Initiative und des Gegenvorschlags ist es, die Aktionärsrechte zu stärken und so Lohn- und Boni-Exzesse einzudämmen.
Kompromiss bei Geschäftsleitungslöhnen
Zu den Knackpunkten gehört die Frage, ob die Aktionäre nicht nur über die Löhne des Verwaltungsrates, sondern auch über jene der Geschäftsleitung jährlich abstimmen sollen. Hier war der Nationalrat bisher auf einer härteren Linie als der Ständerat. Er wollte – wie die Initiative – eine zwingende Abstimmung. Nach dem Willen des Ständerates sollen die Aktionäre dagegen nur dann abstimmen, wenn die Statuten nichts anderes vorsehen. Am Mittwoch ist der Nationalrat nun dem Ständerat ein Stück entgegengekommen, indem er einem Kompromissantrag von Martin Bäumle (GLP/ZH) zustimmte. Demnach soll zwar die jährliche Abstimmung zwingend sein. Den Aktionären soll es aber erlaubt sein, in den Statuten festzulegen, ob diese Abstimmung bindende oder konsultative Wirkung hat. Konsultativabstimmungen seien international üblich, erklärte Bäumle.
Ausnahmen bei Goldenen Fallschirmen
Bei den Abgangsentschädigungen und Vergütungen im Voraus fährt der Nationalrat einen weniger strengen Kurs als der Ständerat. Die Initiative will goldene Fallschirme verbieten, das Parlament möchte Ausnahmen zulassen. Nach dem Willen des Ständerates sollen aber die Aktionäre über die Ausnahmen abstimmen müssen, während der Nationalrat auch Ausnahmen im Vergütungsreglement zulassen will. Umstritten ist ferner, was das Reglement über die Vergütungen genau enthalten soll. Der Ständerat möchte, dass die Boni-Zahlungen geregelt sein müssen, der Nationalrat will darauf verzichten. Der Nationalrat will auch nicht vorschreiben, dass das maximal zulässige Verhältnis zwischen Grundvergütung und Boni festgelegt werden muss. An all diesen Differenzen hielt er am Mittwoch fest. Die Linke warnte vergeblich vor einem verwässerten Gegenvorschlag. (awp/mc/ps)