Bern – Die Solaroffensive für mehr inländischen Winterstrom hat eine wichtige Hürde genommen. Der Ständerat hat alle Differenzen in der kurzfristig erstellten Vorlage ausgeräumt. Er folgte dabei dem Nationalrat. Das Gesetz soll bereits Ende Woche in Kraft treten.
Lanciert hatte die Solaroffensive der Ständerat im Zusammenhang mit dem indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative, als Zusatzvorlage. Der Nationalrat nahm am Montag verschiedene Anpassungen zugunsten der Umwelt vor und sorgte damit – in Zusammenarbeit mit der Verwaltung – für die Verfassungsmässigkeit der Beschlüsse. Die kleine Kammer schloss sich am Dienstag allen Änderungen oppositionslos an.
Das vorgeschlagene Gesetz über dringliche Massnahmen zur kurzfristigen Erstellung einer sicheren Stromversorgung im Winter ist damit bereit für die Schlussabstimmungen vom Freitag. Vorher soll die Vorlage noch für dringlich erklärt werden, damit sie unmittelbar nach der Verabschiedung in Kraft treten kann.
Projekte im Wallis und auf der Grimsel
Die Solaroffensive soll jahrelang blockierte Projekte in Gang bringen. Den Anstoss zur Vorlage gaben Solar-Grossprojekte in Gondo und in Grengiols im Wallis.
Der Nationalrat ergänzte mit der Erhöhung der Grimsel-Staumauer. Dieser «Grimsel-Paragraf» soll es ermöglichen, das Projekt voranzubringen und dabei die laufenden Bauarbeiten für eine Ersatz-Staumauer auszunützen.
Verschiedentlich war von einem Kompromiss die Rede. Viele Fraktionen mussten über ihren Schatten springen. Der Tenor war schliesslich, dass mitgeholfen werden müsse, alles Menschenmögliche zu tun, um eine Stromknappheit im Winter zu vermeiden.
Umweltschutz nicht ausgeschaltet
Die Räte einigten sich grundsätzlich darauf, grosse Solaranlagen in den Bergen erleichtert zu bewilligen und die Investitionen mit Geld aus dem Netzzuschlag zu unterstützen. Gleichzeitig soll auf Natur und Landschaft Rücksicht genommen werden.
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist weiterhin notwendig. Solaranlagen werden nicht überall zulassen – beispielsweise nicht in Biotopen von nationaler Bedeutung. Weiter muss der Vorrang der Versorgungssicherheit «grundsätzlich» überwiegen, aber nicht «absolut». Das soll eine Interessenabwägung ermöglichen.
Die erleichterten Bedingungen für Fotovoltaikanlagen in den Bergen gelten, bis eine Jahresproduktion von zwei Terawattstunden erreicht ist. Die Bundesbeiträge an die Investitionskosten dürfen höchstens sechzig Prozent der Investitionskosten betragen. Die Subventionen werden im Einzelfall festgelegt. Die Betreiber müssen zudem eine Wirtschaftlichkeitsrechnung vorlegen.
Ausnahmen von Solarpflicht auf Dächern
Zweites Bein der Offensive ist eine Solarpflicht für Neubauten. Es gibt eine Ausnahme der Pflicht für Kantone, die bei der Eigenstromversorgung von Neubauten ab 2023 mindestens die Mustervorschriften im Energiebereich («MuKEn» 2014) anwenden.
Die Solarpflicht gilt zudem nur für Flächen von mehr als 300 Quadratmetern. Auf kleineren Flächen sollen die Kantone zusätzlich eine Pflicht vorsehen können. Energieministerin Simonetta Sommaruga bedauerte die Begrenzung auf grössere Flächen. Etwa siebzig Prozent der Gebäude würden so vom Standard schon wieder herausgenommen, sagte sie im Nationalrat.
Die Vorlage an sich bezeichnete sie im Ständerat als «mutig, zielgerichtet und wichtigen Schritt». Das Parlament habe die Balance gefunden zwischen Versorgungssicherheit und Umweltschutz. (awp/mc/ps)