Bern – Der Nationalrat hat die Aufhebung der besonderen Corona-Lage am Dienstag erneut deutlich abgelehnt. Er stimmte mit 128 zu 42 Stimmen bei sechs Enthaltungen gegen einen entsprechenden Vorstoss der SVP. Am Donnerstag berät der Ständerat eine gleichlautende Motion von SVP-Parteipräsident Marco Chiesa.
«Der Bundesrat wird beauftragt, die besondere Lage nach Artikel 6 Epidemiengesetz aufzuheben», forderte SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (ZG) im Motionstext. Mit den notwendigen Unterschriften erwirkte die SVP-Fraktion im Bundeshaus, dass die Räte im Rahmen einer ausserordentlichen Session erneut darüber zu beraten hatten.
Bereits Mitte Juni hatte der Ständerat eine gleichlautende Forderung der SVP mit 25 zu 16 Stimmen abgelehnt, nachdem dies zuvor bereits die grosse Kammer getan hatte.
Es gebe keinen Anlass mehr für die Einschätzung, dass die «ordentlichen Vollzugsorgane nicht in der Lage sind, den Ausbruch und die Verbreitung übertragbarer Krankheiten zu verhüten und zu bekämpfen», begründete die SVP ihren erneuten Vorstoss in dieser Sache.
Alfred Heer (SVP/ZH) führte aus, es sei nicht mehr nötig, «dass der Bundesrat weiterhin das Diktat führt», zumal er und die Bundesverwaltung in den vergangenen 21 Monaten ohnehin keinen grossen Einfluss auf den Verlauf der Pandemie gehabt hätten.
«Auf Intensivstationen ist es immer tragisch»
Heer warf dem Bundesrat insbesondere in Bezug auf die Alters- und Pflegeheime sowie den Personalnotstand in den Spitälern «Staatsversagen» vor. Es habe keine Schutzkonzepte für die Schwächsten der Gesellschaft gegeben, und die jungen Menschen in der Schweiz seien seit 21 Monaten faktisch eingesperrt.
«In Intensivstationen ist es immer tragisch», wandte sich Heer schliesslich auch gegen die seiner Einschätzung nach dramatisierende Berichterstattung insbesondere der Ringier- und SRG-Medien.
Der Bundesrat wies die Anwürfe der SVP zurück und lehnte den Vorstoss ab mit dem Verweis auf die besorgniserregende Entwicklung der pandemischen Situation. Objektiv seien die Voraussetzungen für das Vorliegen einer besonderen Lage gemäss Artikel 6 des Epidemiengesetzes nach wie vor erfüllt. Eine Aufhebung der besonderen Lage sei zum jetzigen Zeitpunkt verfrüht.
Gesundheitsminister Alain Berset erinnerte an die kritische Lage in den Spitälern, die immer noch zu tiefe Impfquote und die neu aufgetauchten Varianten des Virus. «Das Problem ist längst nicht ausgestanden.» Dass die Pandemie nun schon 21 Monate andauere, sei nun einmal eine Realität, gegen die der Bundesrat seit Anbeginn sehr viel unternommen habe, sei es in den Bereichen Impfung, Medikamente, Therapien und Prävention. (awp/mc/ps)