Bundesrat Didier Burkhalter, Vorsteher EDA (Foto: admin.ch).
Bern – Kein Verhandlungsstopp mit der EU: Der Nationalrat hat am Donnerstag einen Vorstoss der SVP abgelehnt, die ein dreijähriges Moratorium für Verhandlungen mit der EU über institutionelle Fragen forderte. Die SVP-Motion gab Anlass zu einer regelrechten Europa-Debatte.
Die SVP-Fraktion hatte den Vorstoss eingereicht, lange bevor der Bundesrat im Sommer beschloss, Verhandlungen mit der EU über die künftigen bilateralen Beziehungen aufnehmen zu wollen. Nun sei die Forderung nach einem Verhandlungsstopp aktueller denn je, sagte SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz (BE).
Angesichts der Schuldensituation im europäischen Raum und der «aufgeblähten EU-Organisation» sei eine «Einverleibung» nicht klug, hielt Amstutz fest. Es seien viele Fragen offen, beispielsweise sei nicht einsichtig, dass sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit der geplanten Gutachterrolle zufrieden geben werde. Auch die Zeit dränge nicht. «Es braucht einen Marschhalt.»
Aussenminister Didier Burkhalter wehrte sich vehement gegen den Vorstoss. Die Zeit sei derzeit ideal, um die Weiterführung des bilateralen Weges mit der EU zu diskutieren, da es derzeit einen fruchtbaren Boden für Verhandlungen gebe. In drei Jahren müsste die Schweiz womöglich wegen Zwängen etwas akzeptieren, das sie ablehne.
Trauben rechtzeitig lesen
Der Neuenburger FDP-Bundesrat machte eine Analogie zur Traubenernte: Wenn der Winzer die Trauben nicht lese, wenn diese reif seien, könne er sich später nicht beschweren, wenn die Früchte dem Hagel zum Opfer fielen.
Den Befürchtungen der SVP, die Schweiz würde mit dem eingeschlagenen Weg an Souveränität verlieren, entgegnete Burkhalter, dass die Verteidigung der Souveränität gerade das Ziel des Bundesrates sei. Die angedachte Variante erlaube es, das Referendum in der Schweiz zu bewahren. «Am Schluss entscheidet immer die Schweiz.»
Da sich die Schweiz gegen eine Übernahme von EU-Recht stellen könne, könne auch nicht die Rede von einer automatischen Rechtsübernahme sein, hielt der Aussenminister fest. SVP-Vertreter wandten in zahlreichen Fragen ein, dass die Schweiz heute im Rahmen des Schengen-Vertrages, der bereits eine Rechtsübernahme vorsieht, stets EU-Bestimmungen übernehme.
Verhandlungen 2014
Kritische Einwände gab es auch von Seiten der SP, die um die flankierenden Massnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer fürchtet. Burkhalter bekräftigte, dass das Verhandlungsmandat einen Passus enthalte, wonach die Massnahmen garantiert werden sollten. Es werde aber von der EU kaum einen Blanko-Check geben, dass sie sämtliche flankierenden Massnahmen in der Zukunft immer akzeptieren werde.
Das Verhandlungsmandat hatte der Bundesrat Mitte August verabschiedet. Kernpunkt ist, dass der EuGH im Streitfall bei der Auslegung des bilateralen Rechts Stellung nehmen soll. Das Mandat ist derzeit in der Konsultation. Verhandlungen mit der EU könnten im nächsten Jahr beginnen.
Für den Verhandlungsstopp sprach sich fast ausschliesslich die SVP-Fraktion aus. Der Vorstoss wurde mit 130 zu 57 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt. Er ist damit vom Tisch. (awp/mc/ps)