Nationalrat lenkt bei Geldwäscherei-Regeln nur teilweise ein

Nationalrat lenkt bei Geldwäscherei-Regeln nur teilweise ein
KPMG: Banken und Behörden sind mit verschiedenen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem organisierten Verbrechen und mit Geldwäschereien konfrontiert. (Foto: Schlierner - Fotolia.com)

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Bern – Der Nationalrat hat seinen Widerstand gegen strengere Regeln zur Bekämpfung der Geldwäscherei noch nicht ganz aufgegeben: Er will weder Bargeldzahlungen über 100’000 Franken verbieten noch Händler in die Pflicht nehmen. Der Widerstand bröckelt aber.

Der Bundesrat möchte die Geldwäscherei-Regeln dem internationalen Standard anpassen und so verhindern, dass die Schweiz auf einer schwarzen Liste landet. In diesem Rahmen schlug er unter anderem vor, Bargeldzahlungen über 100’000 Franken zu verbieten. Der Ständerat war damit einverstanden, der Nationalrat lehnte das Verbot hingegen ab.

Am Donnerstag hatte der Nationalrat nun über einen Kompromiss zu entscheiden, den seine Kommission vorlegte: Anstelle des Verbots sollte eine Sorgfaltspflicht für Händler eingeführt werden. Der Rat lehnte dies jedoch mit 94 zu 90 Stimmen ab. Die Lösung dürfte nun im Ständerat eingebracht werden – und könnte sich am Ende doch noch durchsetzen.

Händler sollen Hintergründe abklären
Von der Sorgfaltspflicht betroffen wären Personen, die gewerblich mit Gütern handeln und dabei mehr als 100’000 Franken in bar entgegennehmen.

Der Händler müsste die Vertragspartei und die wirtschaftlich berechtigte Person identifizieren und dies dokumentieren. Erscheint das Geschäft ungewöhnlich oder liegen Anhaltspunkte vor, dass das Geld aus einem Verbrechen oder aus Steuerbetrug stammt, müsste der Händler die Hintergründe abklären. Erhärtet sich der Verdacht, müsste er unverzüglich die Geldwäscherei-Meldestelle benachrichtigen.

Jeder Händler ein Detektiv
Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf zeigte sich damit einverstanden. Die Lösung würde die internationalen Anforderungen erfüllen, sagte sie. Ohne Limite und ohne Sorgfaltspflichten für Händler drohten der Schweiz dagegen Schwierigkeiten. Die Mehrheit folgte jedoch Yves Nidegger (SVP/GE), der argumentierte, die Sorgfaltspflicht sei den Händlern nicht zuzumuten. Jeder Händler würde zum Detektiv.

Eine Bargeldlimite wird es künftig dennoch geben, nämlich für Zahlungen an Betreibungsbeamte und für Konkurs-Versteigerungen. Hier hat der Nationalrat einer Minderheit aus den Reihen der FDP und SVP zugestimmt für eine Limite von 200’000 Franken. Der Bundesrat und der Ständerat möchten die Limite bei 100’000 Franken setzen.

Transparenz bei Inhaberaktien
In anderen umstrittenen Punkten hat sich der Nationalrat dem Ständerat angeschlossen, unter anderem bei den Inhaberaktien. Wer Inhaberaktien einer Gesellschaft erwirbt, deren Aktien nicht an einer Börse kotiert sind, muss künftig den Erwerb der Gesellschaft melden und sich identifizieren. Die Gesellschaft muss ein Verzeichnis über die Inhaber führen.

Der Nationalrat wollte zunächst, dass dies nur für Aktiengesellschaften mit über 250’000 Franken Kapital und GmbH mit über 50’000 Franken Kapital gilt. Nun hat er auf den Schwellenwert verzichtet. Widmer-Schlumpf hatte darauf hingewiesen, dass damit keine Transparenz hergestellt würde, da die Mehrheit der Unternehmen nicht betroffen wären.

Steuerbetrug wird gemeldet
Zu den zentralen Neuerungen gehört, dass schwere Steuerdelikte als Vortaten zu Geldwäscherei gelten. Damit müssen die Banken bei Verdacht auf ein solches Delikt den Kunden der Geldwäschereibehörde melden. Betroffen sind ausschliesslich Steuerbetrüger nach aktuellem Steuerstrafrecht.

Umstritten war zwischen den Räten, bei welchem Betrag die Schwelle liegen soll. Hier hat sich der Nationalrat nun ebenfalls dem Ständerat angeschlossen: Steuerbetrug gilt künftig als Vortat zu Geldwäscherei, wenn die hinterzogenen Steuern bei 300’000 Franken pro Steuerperiode liegen. Der Bundesrat wollte die Schwelle bei 200’000 ansetzen.

Keine Ausnahme im eigenen Interesse
Weiter sollen künftig auch Personen im Inland als politisch exponierte Personen (PEP) gelten – ohne Ausnahme für National- und Ständeratsmitglieder. Bei PEP müssen Banken erhöhte Sorgfaltspflichten wahrnehmen. Der Nationalrat hatte für die Mitglieder der Bundesversammlung zunächst eine Ausnahme beschlossen.

Umstritten bleiben dagegen die Regeln für Finanzintermediäre. Die Vorlage geht mit den verbliebenen Differenzen zurück an den Ständerat. In der kleinen Kammer war die Haltung des Nationalrats heftig kritisiert worden. Der Rat gefährde die Reputation des Landes, hiess es.

«Schweiz bereits vorbildlich»
Gegen strengere Geldwäscherei-Regeln stellt sich die SVP, teilweise mit Unterstützung der anderen bürgerlichen Parteien. Die Gegner sprechen von einer Überregulierung. Die Schweiz sei bereits vorbildlich, sagte Pirmin Schwander (SVP/SZ). Die Befürworter aus den Reihen der Linken erwiderten, eine Verweigerung würde dem Finanzplatz schaden. Reguliert werde nur das Notwendige.

Anlass für die Gesetzesänderungen waren Empfehlungen der «Groupe d’action financière» (GAFI), einer von den G-7 ins Leben gerufenen Expertengruppe zur Geldwäschereibekämpfung. Der Bundesrat will diese umsetzen. Das nächste Länderexamen steht 2015 an. (awp/mc/pg)

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