Nationalratssaal. (Foto: parlament.ch)
Bern – Der Nationalrat will nichts wissen von Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit. Er lehnte am Dienstag entsprechende Anträge seiner Finanzkommission in der Summe von 99 Mio CHF ab und blieb damit auf Bundesrats-Kurs.
Der grösste von drei umstrittenen Hauptposten waren die Schweizer Beiträge an Entwicklungshilfe, für die der Bundesrat im EDA-Budget 973 Mio CHF veranschlagt hatte. Die nationalrätliche Finanzkommission wollte da 75 Mio kürzen. Einzelne Linke wollten dafür hingegen 11 Mio mehr budgetieren.
SP, Grüne, CVP, GLP und BDP plädierten für den Bundesratsvorschlag. Sie setzten sich mit 127 gegen 60 Stimmen gegen eine Erhöhung durch, aber mit 124 gegen 67 Stimmen auch gegen die Finanzkommission – diese hatte ihren Kürzungsentscheid mit 13 gegen 11 Stimmen relativ knapp gefällt.
Bei der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit setzte sich die Links-Mitte-Mehrheit erneut gegen die Kommission durch: Letztere hatte diesen Posten um 10 Mio CHF auf 297 Mio kürzen wollen, unterlag aber mit 68 gegen 123 Stimmen.
Entwicklungshilfe nicht abrupt kürzen
Auch bei der Osthilfe, welche die Kommission um 14 Mio CHF auf 149,6 Mio kürzen wollte, schwang die Links-Mitte-Mehrheit obenaus, mit 120 gegen 68 Stimmen. Abgelehnt wurde überdies ein SVP-Antrag, beim SECO 25 Mio der Gelder für wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit zu kürzen, dies mit 130 gegen 55 Stimmen.
Hauptargument der Ratsmehrheit war bei diesen Entscheiden das vor drei Jahren beschlossene Ziel, der Entwicklungshilfe bis 2015 insgesamt 0,5% des Schweizer Bruttonationaleinkommens (BNE) zuzugestehen. Mit der Bundesratsfassung des Budgets 2015 wird dies knapp verpasst, indes mit einer geänderten Berechnungsweise.
Langfristige Hilfsprojekte wären bei Kürzungen betroffen, wurde mehrfach argumentiert. Vor Ort Verbesserungen zu unterstützen helfe letztlich auch die Migration in die Schweiz zu bremsen, hiess es.
Instabile arme Länder seien als Basis für Kriminelle beispielsweise auch eine Gefahr für Schweizer Internet-Nutzer, mahnte die GLP. Die Grünen warnten, nur Länder mit funktionierenden Strukturen und ausreichender Bildung bekämen ein Problem wie Ebola in den Griff. Greife die Seuche auf den Westen über, werde es teuer auch für die Schweiz.
Die SVP verteidigte die Entwicklungshilfe-Sparanträge damit, dass das Budget so gegenüber dem Vorjahr bloss nicht zulege, aber gar nicht wirklich gekürzt werde.
SVP-Pauschalkürzungsanträge chancenlos
Zu Beginn der Detailberatung waren im Übrigen alle vier SVP-Sparanträge zu Querschnittsthemen chancenlos geblieben: Der Nationalrat lehnte jeweils mit etwa Zweidrittelmehr Kürzungen beim Personalaufwand um 50 Mio CHF, beim allgemeinen Beschaffungsaufwand um 10% respektive 21 Mio, bei externen Beratungen um 272 Mio sowie beim Sach- und Betriebsaufwand um 450 Mio ab.
Die Debatte über die Budgets der meisten Departemente wird in den kommenden Tagen geführt. Mit dem unveränderten Budget des Bundesrates würde ein Einnahmenüberschuss von 653 Mio CHF resultieren, mit jenem der Nationalratskommission ein Überschuss von 634 Mio.
Vorab hatten die Parteien ihre Positionen zum Budget bezogen und dabei neben der Entwicklungshilfe auch Wohlwollen für die Landwirtschaft angedeutet. Man dürfe beides nicht gegeneinander ausspielen, hiess es. Die Finanzkommission wollte 99 Mio CHF bei der Entwicklungshilfe sparen und der Landwirtschaft 111 Mio mehr zugestehen.
Für letzteres hingegen ist angesichts der Positionsbezüge eine Mehrheit möglich. Weggefallen ist mit den Entscheiden vom Dienstag das moralische Argument der Linken, man dürfe nicht die Schweizer Bauern zulasten der armen Bauern im Süden unterstützen. (awp/mc/ps)