Bern – Inhaberaktien sollen nicht in Namenaktien umgewandelt werden müssen. Anders als der Bundesrat will der Nationalrat bestehende Inhaberaktien weiterhin erlauben. Nur neue soll es nicht mehr geben.
Geht es nach dem Bundesrat, sollen Inhaberaktien in Namenaktien umgewandelt werden müssen. Zulässig wären Inhaberaktien nur noch dann, wenn die Gesellschaft Beteiligungspapiere an einer Börse kotiert hat oder wenn die Inhaberaktien als Bucheffekten ausgestaltet sind.
Das soll verhindern, dass die Schweiz auf einer schwarzen Liste landet. Ohne die Massnahmen werde die Schweiz in der nächsten Länderüberprüfung durch das «Global Forum» der OECD eine ungenügende Gesamtnote erhalten, warnt der Bundesrat in seiner Botschaft ans Parlament. Es drohten Sanktionen.
Bestehende Inhaberaktien bleiben
Der Nationalrat hat am Mittwoch jedoch eine andere Regelung beschlossen, ein sogenanntes «Grandfathering». Zwar sollen keine neuen Gesellschaften gegründet werden dürfen, deren Aktien auf den Inhaber lauten. Für bestehende Inhaberaktien sollen aber die heutigen Bestimmungen weiterhin gelten.
Der Rat hiess mit 101 zu 87 Stimmen einen Einzelantrag von Daniela Schneeberger (FDP/BL) gut. Dieser entspricht inhaltlich weitgehend der Version, welche die vorberatende Kommission beschlossen hatte. Es handle sich um eine verbesserte Version, hiess es.
Drohende Sanktionen
SP, Grüne, CVP und GLP wollten bei der Version des Bundesrates bleiben und im Gesetz verankern, dass Inhaberaktien, die nicht innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten des Gesetzes in Namenaktien umgewandelt sind, gelöscht werden. Nur so könnten die internationalen Standards umgesetzt werden, argumentierten sie.
Auch Finanzminister Ueli Maurer stellte fest, mit einer Lösung lediglich für die Zukunft werde das Problem nicht gelöst. Diese Version bringe die Schweiz in Schwierigkeiten. Es brauche auch eine Lösung für die Vergangenheit. Er selbst habe Inhaberaktien, etwa von einem Skilift, sagte Maurer. Die Umwandlung in Namenaktien bringe für die Inhaber keine Nachteile.
Faktische Enteignung
Die Rednerinnen und Redner aus den Reihen der FDP und SVP widersprachen. Beat Walti (FDP/ZH) und Thomas Aeschi (SVP/ZG) sehen im Vorschlag des Bundesrates mit der Löschung nach fünf Jahren eine faktische Enteignung der Aktionäre. Die Ratslinke scheiterte auch mit Vorschlägen für eine Verschärfung der Bundesratsversion. So beantragte sie erfolglos ein öffentliches Register der wirtschaftlich berechtigten Personen der Gesellschaft.
Die SVP wiederum wollte gar nicht erst auf die Vorlage eintreten. Das Parlament habe sich erst vor kurzem dafür ausgesprochen, die Inhaberaktien beizubehalten, sagte Aeschi. Die Unternehmen hätten teure Anpassungen vorgenommen. Nur kurze Zeit später wolle der Bundesrat nun die Inhaberaktiengesellschaften doch verbieten. Es sei falsch, sich vom demokratisch nicht legitimierten «Global Forum» erpressen zu lassen.
Schweiz als Widerstandesnest
Das beurteilt die FDP anders. Die Schweiz könne es sich nicht leisten, als «Exotin» oder «Widerstandsnest» aufzutreten, sagte Beat Walti (FDP/ZH). Dies nicht aus dem Bedürfnis, sich irgendwem zu unterwerfen, sondern weil eine konforme Regulierung für die Volkswirtschaft von grosser Bedeutung sei.
Die Vertreterinnen von SP und Grünen bezeichneten die Vorschläge des Bundesrates als absolutes Minimum. Die Panama-Papers hätten gezeigt, dass die Schweiz nach wie vor als Drehscheibe für Finanzkriminalität und Steuerhinterziehung fungiere, sagte Regula Rytz (Grüne/BE).
Blumentopf an der Innenfront
Maurer stellte fest, es gehe stets um eine Güterabwägung. Mit der Haltung der Ratsrechten sei vielleicht an der Innenfront ein Blumentopf zu gewinnen. Es würde sich aber um ein Eigengoal handeln. Für die Attraktivität des Schweizer Werkplatzes sei Rechtssicherheit wichtig. Weiche die Schweiz von den internationalen Standards ab, bedeute dies Unsicherheit.
Der Nationalrat liess sich aber nicht umstimmen. Abgelehnt hat er auch den Vorschlag des Bundesrates, die Regeln zum Umgang mit Amtshilfegesuchen auf Basis gestohlener Daten anzupassen. Mit der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichts erfülle die Schweiz die Vorgaben des «Global Forum» bereits, befand die Mehrheit. Demnach kann die Schweiz auf Gesuche auf Basis gestohlener Daten eintreten, wenn der ersuchende Staat diese nicht gekauft und sich nicht sonst treuwidrig verhalten hat.
Diese Auslegung erlaubte die Deblockierung zahlreicher Amtshilfegesuche. Im Gesetz steht allerdings, auf ein Amtshilfegesuch werde nicht eingetreten, «wenn es auf Informationen beruht, die durch nach schweizerischem Recht strafbare Handlungen erlangt worden sind». Diese Passage möchte der Bundesrat streichen. Festhalten will er an der Bedingung, dass das Amtshilfegesuch den Grundsatz von Treu und Glauben nicht verletzt.
In der Gesamtabstimmung hiess der Nationalrat die Vorlage mit 90 zu 60 Stimmen bei 27 Enthaltungen gut. Nun ist der Ständerat am Zug. (awp/mc/ps)