Nationalrat heisst Steueramtshilfegesetz gut

Nationalrat

Bern – Der Nationalrat hat das Steueramtshilfegesetz gutgeheissen, das die Voraussetzungen für den erleichterten Informationsaustausch bei Steuerdelikten schafft. Dabei beschloss er, dass die Schweiz bei Gruppenanfragen keine Amtshilfe leisten soll, sofern dies nicht explizit in einem Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehen ist.

In welchen Fällen die Schweiz Amtshilfe leistet, wird grundsätzlich in den einzelnen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) geregelt. Enthält ein Abkommen keine Bestimmungen, gilt das Steueramtshilfegesetz. Dieses gibt vor, welche Angaben ein Gesuch enthalten muss, damit die Schweiz Amtshilfe leistet.

Die Meinungen dazu gingen im Rat weit auseinander. Während die SVP das Bankgeheimnis verteidigte, kämpften SP und Grüne für eine weitere Lockerung. Der Rat schmetterte jedoch sowohl die Anträge von rechts als auch jene von links ab. Er sprach sich weitgehend für die Vorschläge des Bundesrates aus. Am Ende stimmte er dem Gesetz mit 113 zu 58 Stimmen bei 2 Enthaltungen zu.

Nur Einzelfall-Gesuche
Zu den umstrittenen Punkten gehörten die Gruppenanfragen. Die Linke wollte solche generell ermöglichen, nicht nur für einzelne Staaten. Es gebe keinen Grund, die USA gegenüber anderen Ländern zu privilegieren, befand Hans-Jürg Fehr (SP/SH). Er führte auch ins Feld, dass Gruppenanfragen bald zum OECD-Standard gehören würden.

Dies räumten auch die bürgerlichen Parteien ein. Sie plädierten dennoch dafür, dass Amtshilfe ausschliesslich auf Ersuchen im Einzelfall geleistet wird. Diese Formulierung hatte der Bundesrat vorgeschlagen. In seinem Papier zur Weissgeldstrategie sprach er sich jüngst jedoch dafür aus, die Amtshilfe nicht auf den Einzelfall zu beschränken.

Gruppenanfragen später einbauen
Der Bundesrat habe 2009 entschieden, den OECD-Standard zu übernehmen, sagte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf. Dazu gehöre auch die Weiterentwicklung. Als der Bundesrat die Gesetzesvorlage ausgearbeitet habe, sei noch nicht klar gewesen, wie der OECD-Standard sich genau entwickle. Heute stehe hingegen fest, dass die Gruppenanfragen zum Standard erhoben würden.

Vielleicht seien die Details bekannt, wenn der Ständerat die Vorlage behandle, sagte Widmer-Schlumpf. So könnten die Gruppenanfragen im Laufe der weiteren Beratungen noch eingebaut werden. Die Mehrheit des Rates sprach sich in der Folge dagegen aus, Gruppenanfragen schon heute im Gesetz zu verankern. Explizit ausschliessen wollte der Nationalrat die Gruppenanfragen aber ebenso wenig: Er lehnte einen entsprechenden Antrag der SVP ab.

Auch ohne Namen und Adresse
Die SVP kritisierte in der Debatte generell die schrittweise Preisgabe des Bankgeheimnisses. Sie wollte erwirken, dass Amtshilfegesuche den Namen und die Adresse des mutmasslichen Steuersünders enthalten müssen. Der Rat wollte davon aber nichts wissen.

In vielen Doppelbesteuerungsabkommen hat die Schweiz bereits vereinbart, dass Steuersünder auch auf andere Weise als durch Angabe des Namens oder der Adresse identifiziert werden können. Und diese Abkommen haben gegenüber dem Steueramtshilfegesetz Vorrang.

Keine Amtshilfe bei gestohlenen Daten
Keine Steueramtshilfe soll die Schweiz nach dem Willen des Nationalrates leisten, wenn das Amtshilfegesuch auf gestohlenen Bankdaten beruht. Der Rat folgte damit dem Vorschlag des Bundesrates. SP und Grüne plädierten vergeblich dafür, diese Klausel zu streichen.

Wenn die Schweiz ein vernünftiges Amtshilfeverfahren habe, sei kein Staat mehr darauf angewiesen, Daten zu kaufen oder zu stehlen, gab Hans-Jürg Fehr (SP/SH) zu bedenken. Daher sei die Klausel überflüssig. Die SVP wiederum wollte, dass die Schweiz nicht nur bei gestohlenen, sondern auch bei gekauften oder unrechtmässig weitergegebenen Informationen keine Amtshilfe leistet.

Wortgefecht im Fall Hildebrand
Dieser Vorschlag führte zu einem Schlagabtausch zwischen Susanne Leutenegger Oberholzer (SP/BL) und Christoph Blocher (SVP/ZH). Leutenegger Oberholzer zeigte sich in Anspielung an Blochers Rolle im Fall Hildebrand erstaunt darüber, dass sich die SVP nun wieder so vehement gegen die Weitergabe von Bankkundendaten stelle.

Blocher wies den Vorwurf zurück – und zeigte sich seinerseits erstaunt darüber, dass sich die Linke im Falle des zurückgetretenen Nationalbankpräsidenten plötzlich für das Bankgeheimnis stark gemacht habe.

Nur für ausländische Behörden
Chancenlos blieb der Versuch der Linken, die Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung auch im Inland aufzuheben. Hildegard Fässler (SP/SG) wies vergeblich darauf hin, dass heute die Schweizer Steuerbehörden gegenüber den ausländischen benachteiligt seien.

Auch Eveline Widmer-Schlumpf sprach von einer Ungerechtigkeit. Der Bundesrat werde jedoch noch in diesem Jahr den Entwurf zum Steuerstrafrecht vorlegen. In diesem Rahmen sei dann darüber zu diskutieren, wie Gleichbehandlung hergestellt werden könne.

Die Vorlage geht nun an den Ständerat.  (awp/mc/pg)

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