Nationalrat beschliesst einstimmig eine PUK zur CS-Notübernahme
Bern – Der Nationalrat will eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) zur Aufarbeitung der Notübernahme der Grossbank Credit Suisse (CS) durch ihre Konkurrentin UBS. Er hat dies am Mittwoch einstimmig beschlossen. Am Donnerstag entscheidet der Ständerat.
In der grossen Kammer herrschte seltene Einigkeit. Alle neun Rednerinnen und Redner zum Geschäft plädierten klar und deutlich für eine PUK. Die beiden Kommissionssprecher, die sechs Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen sowie Bundespräsident Alain Berset hielten eine gründliche Aufarbeitung der Ereignisse für notwendig und sinnvoll.
Im Vorfeld der Debatte hatten auch die Geschäftsprüfungskommissionen beider Räte (GPK-N/S) und die Büros des National- sowie des Ständerats eine Untersuchungskommission zur CS-Krise befürwortet. Der Gesamtbundesrat sicherte in der vergangenen Woche dem Parlament seine volle Unterstützung für eine PUK zu.
«Jeden Stein umdrehen»
Kommissionssprecher Philipp Matthias Bregy (Mitte/VS) bezeichnete die Notfusion zwischen der CS und der UBS als nachhaltiges Ereignis, das nachhaltig wirke und das lückenlos untersucht werden müsse. «Es soll alles auf den Tisch gelegt werden – ohne Scheuklappen und ohne Beisshemmungen.» Die PUK müsse Massnahmen und Verbesserungsvorschläge formulieren.
«Jeder Stein muss umgedreht, jede Ecke gekehrt werden», sagte Eric Nussbaumer (SP/BL) im Namen seiner Fraktion. «Wir müssen alles Mögliche unternehmen, dass das nicht wieder vorkommt», hielt Maja Riniker (FDP/AG) fest. Es seien die notwendigen Lehren für die Zukunft zu ziehen, so Tiana Angelina Moser (GLP/ZH). «Nur eine saubere Aufarbeitung kann die Glaubwürdigkeit des Finanzplatzes wiederherstellen.»
Aline Trede (Grüne/BE) sagte, dass die Aufarbeitung nicht «verpolitisiert» werden dürfe. Deshalb sei es wichtig, dass alle Fraktionen in der PUK Einsitz nehmen könnten. «Wir brauchen überzeugende Antworten auf viele offene Fragen der Involvierten», hielt Benjamin Roduit (Mitte/VS) fest.
Viele unbeantwortete Fragen
Die Fraktionsvertreterinnen und -vertreter formulierten verschiedene Fragen, denen die PUK in den nächsten Monaten auf den Grund gehen soll: Wer wusste was zu welchem Zeitpunkt? Bestehen im Zusammenspiel der Institutionen Mängel? Welche Gremien haben nicht frühzeitig interveniert? Warum kam das geltende rechtliche Instrumentarium nicht zur Anwendung?
SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (SVP/ZG) will insbesondere die Rolle des Bundesrats, der Finanzmarktaufsicht (Finma) sowie der Schweizerischen Nationalbank (SNB) untersucht haben. «Haben alle stets sach- und wahrheitsgemäss informiert?», stellte er in den Raum.
Gemäss dem vom Nationalrat angenommenen Bundesbeschluss zur PUK sollen die Geschäftsführung des Bundesrats, der Bundesverwaltung und anderer Träger von Aufgaben des Bundes unter die Lupe genommen werden. Viele Rednerinnen und Redner im Nationalrat waren sich aber einig, dass die Hauptverantwortlichen für das Debakel bei der CS selbst zu suchen seien.
Historische Ereignisse
Die PUK soll nicht nur die Vorgänge unmittelbar vor der Notübernahme beleuchten, sondern auch jene der letzten Jahre. Kommissionssprecher Bregy plädierte dafür, «etliche Jahre» zurückzuschauen. Eventuell müsse bei der UBS-Rettung im Jahr 2008 begonnen werden.
14 Mitglieder soll die PUK umfassen – je sieben aus dem National- und Ständerat. Voraussichtlich in der nächsten Woche entscheiden die beiden Ratsbüros, wer in der Kommission Einsitz nehmen und wer das Präsidium sowie das Vizepräsidium übernehmen wird.
Eine PUK ist das stärkste Instrument der parlamentarischen Oberaufsicht. Sie hat die gleichen Rechte wie die Geschäftsprüfungsdelegation und die Finanzdelegation. Entsprechend kann eine PUK insbesondere Personen als Zeugen befragen und die Protokolle und Unterlagen der Bundesratssitzungen einsehen. Zusätzlich kann sie einen Untersuchungsbeauftragten für die Beweiserhebung einsetzen.
In der Geschichte des Bundesstaats wurde erst vier Mal eine PUK eingesetzt: nach dem Mirage-Skandal 1961, nach der Kopp-Affäre 1989, nach dem Fichenskandal 1990 und zur Abklärung von Organisations- und Führungsproblemen bei der Pensionskasse des Bundes (PKB) im Jahr 1995. (awp/mc/pg)