Bern – Erwachsene Personen sollen künftig legal Cannabis anbauen, kaufen, besitzen und konsumieren dürfen. Die zuständige Nationalratskommission hat einen Vorentwurf für ein entsprechendes Spezialgesetz gutgeheissen – mit 14 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen.
«Erwachsenen soll ein strikt geregelter Zugang zu Cannabis ermöglicht werden», liess die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N) am Freitag in einer Mitteilung der Parlamentsdienste verlauten. Damit der Konsum nicht gefördert wird, sollen Cannabisprodukte nicht gewinnorientiert verkauft und mit einer Lenkungsabgabe belegt werden.
Den Grundsatzentscheid, den Umgang mit Cannabis zu entkriminalisieren, hatten die zuständigen Parlamentskommissionen bereits vor vier Jahren getroffen. Seit Mitte 2022 beschäftigte sich eine Subkommission damit, wie der Umgang mit Cannabis künftig zu regeln ist. Entstanden ist so das Bundesgesetz über Cannabisprodukte, das im Sommer in die Vernehmlassung geschickt werden soll.
Zahlreiche Vorschriften
Die Eckwerte hat die SGK-N bereits definiert. So sollen volljährige Personen Cannabis anbauen, kaufen, besitzen und konsumieren dürfen. Für die eigene Versorgung dürften maximal drei weibliche Pflanzen in Blütephase angebaut werden. Höchstmengen regelten den Besitz im privaten und öffentlichen Raum.
Eine gewinnorientierte, gewerbliche Produktion wäre erlaubt. Anbauer und Hersteller müssten strenge Auflagen erfüllen, damit sie eine Bewilligung vom Bund erhalten. Für spezifische Zwecke würde auch der Import oder Export bewilligt.
Es sollen strenge Anforderungen an die Produktequalität gelten. Cannabisprodukte dürften nur neutral, ohne Markenelemente, mit Warnhinweisen und Beipackzettel sowie kindersicher verpackt in den Verkauf. Der Verkauf würde einem staatlichen Monopol unterliegen. Cannabisprodukte sollen in einer limitierten Anzahl bei konzessionierten Verkaufsstellen sowie online bei einem einzigen konzessionierten Händler gekauft werden können.
Bekifft fahren bleibt illegal
Der Verkauf dürfte nicht gewinnorientiert erfolgen. Allfällige Gewinne sind in die Prävention, Schadenminderung und Suchthilfe zu investieren. Die gesamte Lieferkette müsste einem digitalen Nachverfolgungssystem unterliegen. Hinzu gesellt sich ein Werbeverbot für Cannabisprodukte, darunter Samen und Stecklinge sowie für einschlägiges Zubehör.
Cannabisprodukte müssen gemäss der Kommission mit einer Lenkungsabgabe belegt werden, um den Konsum zu beschränken und hin zu risikoärmeren Formen zu lenken. Die Abgabe soll vom THC-Gehalt und der Konsumform abhängen. Eine Rückverteilung der Lenkungsabgabe würde über die Krankenversicherung erfolgen. Die Erhebung von Aufsichtsabgabe und Gebühren wäre Kantonsaufgabe.
Wer sich dem legalen Markt entzieht, soll im Vergleich zu heute härter bestraft werden. Die Nulltoleranz im Strassenverkehr bleibt unverändert: Wer nachweislich Cannabis konsumiert, soll als fahrunfähig gelten.
Weg vom prohibitiven Ansatz
«Die öffentliche Gesundheit und der Jugendschutz sollen im Zentrum einer neu ausgerichteten Cannabispolitik stehen», schrieb die SGK-N. Angestossen hatte die Reform der Berner alt Mitte-Nationalrat Heinz Siegenthaler mit einer parlamentarischen Initiative.
In der SGK-N war unbestritten, dass der Konsum von Cannabis gesellschaftliche Realität ist. Die Mehrheit hält die heutige Situation für unbefriedigend und den prohibitiven Ansatz für verfehlt, wie es hiess.
Heute sind der Anbau, die Herstellung, der Handel und der Konsum von Cannabis zu nicht medizinischen Zwecken verboten. Bei Erwachsenen wird der Konsum mit einer Ordnungsbusse bestraft, der Besitz einer geringfügigen Menge ist straffrei.
Seit 2023 können zudem bereits konsumierende Personen im Rahmen von zeitlich begrenzten Pilotversuchen kontrolliert Cannabis erwerben. Die weit überwiegende Mehrheit der Konsumierenden bewegt sich aber auf dem illegalen Markt. Gemäss der Schweizer Gesundheitsbefragung hatten 2022 vier Prozent der 15- bis 64-Jährigen in der Schweiz im vorangegangenen Monat Cannabis konsumiert. (awp/mc/pg)