Nestlé bleibt nach schwierigem 2015 vorsichtig für laufendes Jahr
Nestlé-CEO Paul Bulcke. (Foto: Nestlé/Flickr)
Vevey – Nestlé ist im vergangenen Geschäftsjahr 2015 wachstumsmässig erneut unter den eigenen Zielen geblieben und gibt sich auch für das laufende Jahr eher zurückhaltend. Das Management spricht von einem vergleichbaren Handelsumfeld und erwartet entsprechend ein ähnliches Wachstum. Nichtsdestotrotz soll die Dividende erneut erhöht werden. Investoren zeigen sich aber nicht zufrieden, so dass die Aktie deutlich an Wert einbüsst.
Das organische Wachstum als wichtigste Umsatzgrösse erreichte im Berichtsjahr 2015 4,2% und fiel damit etwas tiefer aus als im Jahr davor mit 4,5%. Der weltgrösste Nahrungsmittel-Konzern blieb damit bereits zum dritten Mal in Folge unter dem eigenen Langfristziel von 5 bis 6%. Der Gesamt-Umsatz blieb rund 3% unter Vorjahr und erreichte 88,8 Mrd CHF, wobei sich die Wechselkurse per Saldo mit -7,4% und Zu-/Verkäufe mit +0,1% auswirkten.
Wachstum am oberen Ende der Branche
Konzernchef Paul Bulcke und CFO Francois-Xavier Roger zeigten sich am Donnerstag vor den Medien in Vevey angesichts des schwierigen Umfeldes allerdings nicht unzufrieden. Sie verwiesen auf die Wachstumsabschwächung in vielen Emerging Markets, deflationäre Tendenzen in gewissen Regionen sowie die sinkenden Rohstoffpreise. «Wir haben ein profitables Wachstum am oberen Ende der Branche in einem nach wie vor herausfordernden Umfeld erwirtschaftet», so Bulcke wörtlich. Er glaube an die Stärke des Konzerns.
Das organische Wachstum 2015 setzte sich zusammen aus einem internen Realwachstum (RIG) von 2,2% und Preisanpassungen von 2,0%. Gemäss dem Finanzchef hat sich das Umfeld vor allem bei der Preiskomponente negativ ausgewirkt. «In diesem Kontext sind wir vor allem mit dem Mengenwachstum (RIG), das im Jahresverlauf zugenommen und im vierten Quartal 2,7% erreicht hat, zufrieden», so Roger.
Auch Problembereiche wie zuletzt etwa das US-Tiefkühlgeschäft oder generell China zeigten laut Nestlé Verbesserungen. Bei ersterem sei der Turnaround erreicht, hiess es. Viele Produkte seien angepasst und von den Konsumenten gut aufgenommen worden. Das Geschäft sei wichtig für Nestlé und man wolle daran festhalten.
Bei China sprach Nestlé zumindest von einer «stärkeren Dynamik zum Ende des Jahres». Das Land werde so oder so ein Wachstumstreiber für Nestlé bleiben, sagte Bulcke. Besonders stark wächst dort der E-Commerce – eine Entwicklung, die Nestlé etwas verschlafen hatte. Unterdessen habe man aber stark in den Online-Handel investiert und werde das auch künftig tun.
«Substantielle Investitionen»
Etwas unter den Erwartungen von Analysten blieb der Westschweizer Grosskonzern in Bezug auf die Profitabilität. Zwar konnte die Marge zumindest zu konstanten Wechselkursen leicht gesteigert werden, sie blieb aber in Franken 20 Basispunkte unter Vorjahr und relativ klar unter den Schätzungen. Nestlé begründete dies vor allem mit «substantiell höheren Investitionen» etwa ins Marketing oder die digitalen Kanäle. Der Gewinnrückgang um 37% auf 9,1 Mrd CHF war dagegen vor allem auf den Verkauf eines Anteils am französischen Kosmetikkonzern L’Oréal im Jahr 2014 zurückzuführen.
Da der freie Cashflow zudem mit 9,9 Mrd CHF oder 9,9% des Umsatz ebenfalls am oberen Rand der Nahrungsmittel-Industrie liege, soll die Dividende um 5 Rappen auf 2,25 CHF erhöht werden. «Wir wollen die Dividende erhöhen, wie wir das in den letzten 20 Jahren immer gemacht haben», sagte CEO Bulcke nicht ohne Stolz. Von einer Sonderdividende für die Aktionäre im Rahmen des diesjährigen 150-jährigen Firmenjubiläums wollte der Konzern dagegen nichts wissen. Und auch ein neuer milliardenschwerer Aktienrückkauf, wie es viele Beobachter erwartet hatten, wurde nicht angekündigt.
Ausblick verhalten – vor allem für erstes Quartal
Letzteres dürfte auch damit zu tun haben, dass das Umfeld schwierig bleibt. Nestlé geht davon aus, dass das Handelsumfeld im Jahr 2016 den Vorjahren ähneln wird, wobei die Preisanpassungen gar noch schwächer ausfallen könnten. Vor allem im ersten Quartal dürfte das Wachstum eher mager («soft») bleiben, wie Finanzchef Roger sagte.
Der letztjährige Verkaufsstopp für Maggi-Nudeln in Indien werde sich zudem weiter negativ auswirken. Man habe die Verkäufe im November zwar wieder aufgenommen, doch die verkauften Volumen seien im Moment noch etwa halb so hoch wie vor einem Jahr. Im zweiten und dritten Quartal erwartet Roger dann einige Verbesserungen mit auch höheren Preisen in Ländern, deren Währungen stark abgewertet hätten, wie etwa Brasilien.
Konkret rechnet der Konzern mit einem vergleichbaren organischen Wachstum wie 2015, also mit gut 4%. Weiter wird wie üblich eine Verbesserung der Margen und des nachhaltigen Gewinns je Aktie bei konstanten Wechselkursen und der Kapitaleffizienz angestrebt. Im Zusammenhang mit letzterem betonte CEO Bulcke denn auch die Kosten, die weiter sehr stark beachtet würden.
Die Nestlé-Aktie, die sich bisher im Jahr sehr gut gehalten hat, setzte nach den heutigen News zu einer Korrektur an, Das Papier verlor bis Börsenschluss 3,7% auf 71,35 CHF. Analysten bemängelten vor allem die unerwartet tiefe Profitabilität sowie den eher verhaltenen Ausblick für das laufende Jahr. (awp/mc/upd/ps)