Nestlé-CEO: Bei Fleischersatz-Produkten «tut sich etwas Gewaltiges»
Bern – Der Lebensmittelkonzern Nestlé macht mit reinen Fleischersatzprodukten wie Pflanzenburgern und alternativen Fertiggerichten wie Pizzas mit pflanzenbasierten Toppings einen Umsatz von über 700 Millionen Franken. Die Wachstumsrate befindet sich in zweistelligem Bereich.
«Hier tut sich etwas Gewaltiges», sagte Nestlé-Chef Mark Schneider in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» von Montag. Das werde auch ersichtlich, wenn die Zahl in Bezug auf den gesamten Umsatz im Food-Bereich betrachtet werde, der etwa 11 Milliarden Franken gross sei. Bei den rein pflanzlichen Ersatzprodukten liegt der Umsatz gemäss Schneider bei 200 Millionen.
Der Trend bei der Ernährung gehe nicht nur weiter in Richtung «noch pflanzlicher, noch umweltbewusster, noch mehr auf Gesundheit bedacht», sagte der Konzernchef, sondern auch in Richtung «noch personalisierter». Gemeint ist damit, dass die Ernährung ganz speziell auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt wird. Die Bedürfnisse können etwa mit einer Blutanalyse abgeklärt werden.
Über die nächsten zehn, zwanzig Jahre werde sich die Personalisierung, die etwa im Bereich der Tabletten für Nahrungsmittelergänzungen bereits bekannt ist, auf die normale Ernährung ausweiten, glaubt Schneider. Wie Nestlé sein Geschäftsmodell da genau «reinbauen» werde, könne er noch nicht sagen. Aber sich jetzt nicht mit der personalisierten Ernährung zu beschäftigen, «wäre ein sträflicher Fehler», so Schneider.
Schokolade soll nicht Karotte werden
Es sei gut, dass sich die Menschen stärker mit ihrer Ernährung befassen und bewusster einkaufen, sagte Schneider zudem. Diesem Bedürfnis will das Unternehmen Rechnung tragen.
Trotzdem stehe das Unternehmen auch zu Produkten wie Schokolade. Diese bräuchten die Menschen ja nicht, die sei aber zum Genuss da. Es muss also nicht alles 100 Prozent gesund sein. «Wir wollen unsere Schokolade nicht zur nächsten Karotte machen», sagte Schneider daher.
Das sei auch gut so. Wenn es beim Essen nur noch um das Zuführen von Nährstoffen ginge, dann würde allen viel verloren gehen. Viel besser sei es, wenn das Unternehmen versuche, verantwortungsvoll mit den Produkten umzugehen. Zum Beispiel was die Grösse von Portionen oder Werbung für Kinder betreffe.
Mass für 100 Gramm Suppenwürfel
Im Interview bekräftige Schneider die Forderung des Unternehmens nach der Einführung einer einheitlichen, gesetzlichen Lebensmittelampel in Europa. Nestlé weist wie andere Lebensmittelunternehmen den sogenannten Nutri-Score derzeit freiwillig auf einigen Produkten aus und will ihn laufend für weitere Lebensmittel aus seinem Sortiment einführen.
Der bestehende Nutri-Score sei aber umstritten, weil ihm eine Messgrösse von 100 Gramm zugrunde liege. Niemand esse aber 100 Gramm Suppenwürfel oder 100 Gramm Nesquik. Aus diesem Grund seien solche Produkte dann schlechter bewertet. Trotzdem unterstütze das Unternehmen das System. (awp/mc/ps)