Nestlé-CEO Paul Bulcke. (Foto: Nestlé)
Vevey – Der weltgrösste Nahrungsmittel-Hersteller Nestlé ist im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres 2015 organisch schneller gewachsen als von Analysten erwartet. Vor allem die Preiserhöhungen wurden unterschätzt. Aufgrund der Zahlen in den ersten drei Monaten wird auch der Ausblick für das Gesamtjahr bestätigt. Die Aktie büsste derweil nach anfänglichen Gewinnen bis am Nachmittag in einem schwachen Markt ebenfalls an Wert ein.
Organisch legte der Westschweizer Konzern von Januar bis März um 4,4% zu, wobei 1,9% auf Mengenwachstum (internes Realwachstum RIG) und 2,5% auf Preisanpassungen zurückzuführen waren. Insgesamt stieg der Gruppen-Umsatz allerdings lediglich um 0,5% auf 20,9 Mrd CHF, wie der Konzern am Freitag mitteilte. Er wurde vor allem durch Wechselkurseffekte von -4,5% beeinträchtigt, während der Netto-Akquisitionseffekt +0,6% betrug.
Mit den vorgelegten Zahlen hat Nestlé die Schätzungen der Analysten (AWP-Konsens) bei der wichtigsten Kennzahl organisches Wachstum übertroffen: Diese hatten den Wert im Durchschnitt lediglich bei +4,1% (Bandbreite +3,1 bis +4,7%) gesehen. Grund sind vor allem die höheren Preise. Während das interne Realwachstum (RIG) nämlich um 0,3 Prozentpunkte überschätzt wurde, rechneten die Spezialisten bei den Preisen mit 0,6 Prozentpunkten weniger. Nestlé liegt mit seinem Wert für das organische Wachstum zwischen den Konkurrenten Danone und Unilever, die im ersten Quartal um 4,8% bzw. 2,8% zulegten.
Wachstum in allen Regionen
Alle drei geographischen Regionen trugen laut Mitteilung zum organischen Wachstum von Nestlé bei: Dieses lag bei 5,6% in Nord- und Südamerika (AMS), bei 4,5% in der neuen Region Europa, Naher Osten und Nordafrika (EMENA) und bei 2,2% in Asien, Ozeanien und Subsahara-Afrika (AOA). Die Industrieländer wuchsen insgesamt um 2,5% und die aufstrebenden Märkte um 6,7%.
CEO Paul Bulcke zeigt sich in der Mitteilung soweit zufrieden: «Das Umsatzwachstum in den ersten drei Monaten entsprach unseren Erwartungen und wurde sowohl von internem Realwachstum als auch von Preisanpassungen angetrieben.» Er spricht dabei von «guten Leistungen» in der Zone EMENA, bei Nestlé Waters und den Übrigen Geschäften. Auch habe Nestlé die Anstrengungen zur Steigerung der Dynamik in der Zone AOA und in Nordamerika weiter fortgesetzt und erwarte, dass diese Initiativen «im Laufe des Jahres an Zugkraft gewinnen werden».
Verbesserungen im US-Tiefkühlgeschäft ab zweitem Halbjahr
In Nordamerika kämpft Nestlé seit längerem mit einem Rückgang im Tiefkühlgeschäft. Wie der IR-Verantwortliche Steffen Kindler gegenüber Analysten sagte, dürfte es noch einige Zeit dauern, bis sich der angestrebte Turnaround manifestieren wird. «Die Dynamik in diesem Geschäft ist relativ komplex. Wir machen die Produkte relevanter, bringen neue Rezepte auf den Markt und arbeiten auch an den Verpackungen und am Marketing. Diese Massnahmen zur Verbesserung wirken aber nicht über Nacht», sagte er. Man erwarte eine Verbesserung vor allem ab der zweiten Jahreshälfte.
Für das zweite grössere Problemfeld China, wo Nestlé gemäss früheren Aussagen die schnell ändernden Kundenbedürfnisse etwas verschlafen hat, gelte das ebenso, so Kindler. Auch dort sei die Situation etwa bei Hsu Fu Chi oder Yinlu weiterhin schwierig. Man sei aber auf dem richtigen Weg, um das Geschäft auf die richtige Bahn zurückzubringen. Kindler hofft, dass anlässlich der H1-Zahlen am 13. August diesbezüglich schon etwas mehr Klarheit herrscht.
Weiterhin organisches Wachstum von rund 5 % angestrebt
Aufgrund der Zahlen nach dem ersten Quartal bestätigt Nestlé den bisherigen Ausblick auf das Gesamtjahr. Der Konzern strebt ein organisches Wachstum von rund 5% mit Verbesserungen der Margen, des nachhaltigen Gewinns je Aktie bei konstanten Wechselkursen und der Kapitaleffizienz an.
Die Nestlé-Aktie legte zum Start am Freitag relativ deutlich zu, konnte die Gewinne aber nicht halten und büsst bis Handelsschluss – in einem allerdings schwachen Gesamtmarkt – 0,9% auf 75,95 CHF ein. Händler sprachen zumeist von einem soliden Resultat, wobei die grossen positiven Überraschungen gefehlt hätten. Ausserdem habe der Aktienkurs im Vorfeld der Zahlen bereits deutlich zugelegt. (awp/mc/pg)