Vevey – Nestlé leidet zum Jahresstart unter schwacher Nachfrage und hausgemachten Problemen. Das Unternehmen, das früher immer mit Bravour seine Ziele übertroffen hat, ist nun in den Augen der Anleger plötzlich nicht mehr so verlässlich. Doch Firmenchef Schneider gibt sich betont positiv für den Rest des Jahres.
Organisch ging der Umsatz um 1,4 Prozent hoch. Analysten hatten jedoch im Schnitt mit einem doppelt so starken Wachstum gerechnet. Vor allem das Nordamerika-Geschäft, in dem Nestlé einen Drittel seines Umsatzes generiert, lief schlecht. «Nestlé hatte zwar gewarnt, dass das erste Quartal in Nordamerika schwierig werden würde, aber darauf waren wir sicher nicht vorbereitet», kommentierte ein Analyst die Entwicklung.
Dass Nestlé organisch überhaupt noch ein Plus verzeichnete, lag daran, dass das Unternehmen auch im ersten Quartal 2024 weiter an der Preisschraube drehte. Gruppenweit erhöhte Nestlé die Preise um 3,4 Prozent. Doch was in den vergangenen Quartalen noch recht gut gelungen war, ohne sich auf die Nachfrage auszuwirken, funktionierte jetzt nicht mehr wie gewünscht.
Mengenmässig gingen die Verkäufe nämlich um 2,0 Prozent zurück. Nur einmal in den letzten zehn Jahren ist die Verkaufsmenge in einem Quartal noch stärker zurückgegangen. Nestlé begründet den Rückgang mit der verhaltenen Konsumentennachfrage, insbesondere in Nordamerika. Die Preiserhöhungen, die man im Vorjahr durchgesetzt hat, führen nun dazu, dass die Menschen sich weniger Nestlé-Produkte leisten.
Hinzu kam, dass die staatlichen Hilfsprogramme für die Konsumenten in den USA wegfielen, was die Nachfrage zusätzlich dämpfte. Auch ein intensiver Wettbewerb und Lagerabbau bei den Detailhändlern hätten zum Minus beigetragen, so der Konzern.
IT-Problem bremst weiterhin
Aber auch hausgemachte Probleme bremsten das Geschäft. So machten dem weltgrössten Lebensmittelkonzern weiterhin IT-Integrationsprobleme bei «Nestlé Health Science» (NHSc) zu schaffen. Sie führten im Geschäft mit Vitaminen, Mineralstoffen und Nahrungsergänzungsmitteln zu Lieferengpässen.
Ursprünglich hätten diese Probleme schon Anfang Jahr behoben sein sollen, sie waren aber offenbar schlimmer als gedacht. Nestlé geht nun davon aus, dass diese Engpässe bis zum Ende des ersten Halbjahres – also bis Ende Juni – behoben sein dürften.
Insgesamt gingen die Verkaufsvolumen – mit Ausnahme von China, wo die Inflationsraten tiefer und dadurch die Preiserhöhungen moderater waren – in allen Regionen zurück.
Licht am Horizont?
Doch jetzt soll laut Firmenchef Mark Schneider Schluss sein mit dem Schrumpfkurs. Er sieht sein Unternehmen auf gutem Weg, mengenmässig in den restlichen drei Quartalen wieder zu wachsen. «Alles in allem blicken wir mit Zuversicht auf das zweite Quartal und darüber hinaus», so Schneider. «Die Trends innerhalb des ersten Quartals und einige der sich verbessernden Marktanteilstrends stimmen mich zuversichtlich», sagte er.
Die Volumensituation habe sich «Monat für Monat verbessert» und man habe «eine starke Innovationspipeline, die bereits Ende des ersten Quartals begonnen hat und jetzt ausgerollt» werde. Ausserdem sehe er weiter grosses Wachstumspotenzial bei den sogenannten Milliardenmarken, also denjenigen, die jährlich mehr als eine Milliarde zum Umsatz beisteuern.
Auf dieser Grundlage bestätigte Schneider die Prognose für das organische Wachstum für das Gesamtjahr von «um die 4 Prozent» mit Nachdruck.
Analysten trauen der Sache derweil nicht so ganz. In der Vergangenheit hatte Nestlé jeweils meistens die Schätzungen der Analysten übertroffen. Heuer ist das Gegenteil der Fall.
Entsprechend negativ reagiert der Aktienkurs. Die Nestlé-Papiere verloren am Donnerstag 2,0 Prozent auf 92,08 Franken. Zwischenzeitlich waren die Titel gar unter die Marke von 90 Franken gefallen. (awp/mc/ps)