Nestlé überrascht mit starker Verbesserung der Profitabilität
Vevey – Der Konzernumbau von Nestlé hat in der ersten Jahreshälfte die erhofften Resultate gebracht. Besonders mit einer deutlichen Verbesserung der Profitabilität punktet der Hersteller von Kitkat, Nespresso und neu auch Starbucks-Kaffeeprodukten bei den Anlegern. Allerdings warnt das Management vor mehr Gegenwind im zweiten Semester.
«Viele unserer angestossenen Initiativen gewinnen nun an Zugkraft», sagte Nestlé-Chef Ulf Mark Schneider an einer Telefonkonferenz vom Donnerstag zu den Halbjahresresultaten. Vor zwei Jahren hatte er an seinem ersten Investorentreffen als Konzernchef den Investoren vor allem zwei Dinge versprochen: Ein schnelleres Wachstum und eine höhere Profitabilität. Dafür gab er sich Zeit bis 2020.
Bei der Profitabilität machte Nestlé nun zwischen Januar und Juni einen grossen Schritt hin zu diesen Zielen, die eine bereinigte Betriebsgewinn-Marge auf Stufe EBIT zwischen 17,5 und 18,5 Prozent vorsehen. Vom Umsatz blieben im ersten Halbjahr 17,1 Prozent als EBIT übrig – ein ganzer Prozentpunkt mehr als in der Vorjahresperiode und deutlich mehr als von Analysten erwartet. Heuer soll die Marge bereits ein Jahr früher als geplant das untere Ende des Zielbandes für 2020 erreichen.
Lukrativerer Produktmix
Die Profitabilität steigerte Nestlé unter anderem mit Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen. Auch ein Effekt aufgrund des bevorstehenden Verkaufs der Hautpflegesparte trug zur Margenausweitung bei. Vor allem aber schaffte es der Konzern, mehr Premiumprodukte zu verkaufen. Diese bringen eine höhere Marge ein.
Am stärksten wächst nämlich weiterhin das Geschäft mit Haustierfutter und -pflege. Im ersten Halbjahr ging es hier mit 6,1 Prozent nach oben. Fast ebenso stark legte auch das Geschäft mit Gesundheitsprodukten zu – bei beiden Feldern winken Margen von über 20 Prozent.
Auch mit Zu- und Verkäufen hat sich Nestlé gezielt auf lukrative Felder ausgerichtet: So wurde das weniger profitable US-Süsswarengeschäft verkauft. Das Hautpflegegeschäft soll bis Ende Jahr für 10,2 Milliarden Franken verkauft werden. Auf der anderen Seite angelte sich Nestlé die Vertriebslizenz für Starbucks-Produkte – und legte dafür stolze 7 Milliarden Dollar auf den Tisch.
Starbucks als Zugpferd
Der Deal dürfte sich aber laut dem Nestlé-Chef auszahlen: Alle Zeichen deuteten auf einen «überwältigenden Erfolg» hin, sagte Schneider in einer Telefonkonferenz. Seit Jahresbeginn hat Nestlé Starbucks-Produkte in vierzehn Ländern in die Verkaufsregale gebracht, weitere Länder sollen folgen.
Der Erwerb der Starbucks-Lizenz sowie der Zukauf des Nahrungsergänzungsmittel-Herstellers Atrium Innovations brachten mehr Umsatz in die Kasse, als durch die Spartenverkäufe verloren gingen. Unter dem Strich trugen sie 1,1 Prozent zum Umsatzplus bei.
Insgesamt nahm der Umsatz in den ersten sechs Monaten auf 45,5 Milliarden Franken zu. Ohne die Zu- und Verkäufe sowie ohne Wechselkursveränderungen hat Nestlé aus eigener Kraft um 3,6 Prozent zugelegt.
Damit ist der weltgrösste Nahrungsmittelkonzern seinen Konkurrenten weiterhin eine Nasenlänge voraus: Danone wuchs in der gleichen Zeit um 1,7 Prozent, Unilever meldete für sein Nahrungsmittel- und Getränkegeschäft ein Plus von 1,3 Prozent.
Bis 2020 peilt Nestlé beim organischen Wachstum mittlere einstellige Zuwachsraten an und könnte damit wieder in ähnliche Sphären gelangen wie früher: Als Nestlé-Modell galt lange Zeit das Mittelfristziel von 5 bis 6 Prozent organischem Wachstums, bis in den letzten Jahren die Expansion ins Stottern geraten war.
Mehr Gegenwind zum Jahresende
Schneider bemühte sich allerdings am Donnerstag merklich, die Erwartungen an die zweite Jahreshälfte zu dämpfen. Für 2019 stellt das Management ein organisches Plus von 3,5 Prozent in Aussicht – es rechnet also nicht mit einer weiteren Beschleunigung. Die Vergleichszahlen seien höher als im ersten Halbjahr, sagte der Nestlé-Chef. Und auf der Ertragsseite drohe ein stärkerer Gegenwind durch Rohstoffpreise.
Der Begeisterung an der Börse tut das allerdings kaum einen Abbruch. Zwar hatten die Nestlé-Aktien bereits von Vorschusslorbeeren profitiert – im Mai kletterten sie über die Marke von 100 Franken. Am Donnerstagnachmittag ging es nochmals um 2,2 Prozent nach oben auf 105 Franken.
Trotz der stolzen Bewertung ist vorerst kaum zu erwarten, dass die Beliebtheit der Nestlé-Aktien abreisst. Nestlé mache derzeit alles richtig, kommentierten Analysten und erklärten: «Was für ein Wandel in kurzer Zeit!» (awp/mc/pg)