Nestlé wächst im ersten Quartal um 4,3 Prozent
Vevey – Nestlé ist mit deutlich mehr Schwung als von Analysten erwartet ins Jahr 2020 gestartet. Der Ausblick für das Gesamtjahr bleibt trotz Corona-Pandemie unverändert, da es noch zu früh sei, um die genauen Auswirkungen abzuschätzen. Der Westschweizer Konzern gibt sich aber sehr vorsichtig.
Nestlé habe schnell reagiert und die notwendigen Massnahmen ergriffen, um die Auswirkungen dieser globalen Krise zu minimieren, heisst es in einer Mitteilung vom Freitag. Bisher habe man die Kunden trotz einiger lokaler Unterbrechungen in der Versorgungskette und vorübergehender Personalengpässe gut bedienen können.
«Viele Unsicherheiten»
«Diese Krise ist jedoch noch lange nicht vorbei. Wir werden in den kommenden Quartalen weiterhin mit vielen Unsicherheiten zu kämpfen haben», wird Konzernchef Mark Schneider in der Mitteilung zitiert.
Die Folgen der Corona-Pandemie hätten je nach Region, Produktkategorien und Vertriebskanal stark variiert, abhängig vom Zeitpunkt des Ausbruchs, dem Umfang der Einschränkungen und dem Konsumentenverhalten. In Bezug auf Regionen etwa habe Nordamerika und Europa im März ein «deutlich stärkeres Wachstum» verzeichnet, teilweise unterstützt durch die Vorratskäufe der Konsumenten.
Bei den Produktkategorien gab es derweil eine verstärkte Nachfrage nach Fertiggerichten und Produkten für die Küche, für Haustierprodukte oder für Kaffee. Und bei den Vertriebskanälen gab es wenig überraschend eine signifikante Verschiebung vom Ausser-Haus- zum Heimkonsum. Der Online-Umsatz habe dabei um fast 30 Prozent zugenommen und erstmals die 10-Prozent-Marke beim Gruppenumsatz überschritten.
Starkes Volumenwachstum
Auf die genauen Zahlen wirkte sich das dann so aus: Organisch, d.h. aus eigener Kraft, wuchs der weltgrösste Nahrungsmittelhersteller im ersten Quartal um 4,3 Prozent. Dieses Wachstum setzt sich zusammen aus einer Steigerung der Verkaufsmenge (RIG) um 4,7 Prozent und Preissenkungen von 0,4 Prozent zusammen. Letzteres widerspiegle vor allem den Zeitpunkt der Verkaufsaktionen in Nordamerika, heisst es.
Das organische Wachstum in den Industrieländern war mit hohen 7,4 Prozent für einmal deutlich höher als in den aufstrebenden Märkten, den sogenannten Emerging Marktes, in welchen Nestlé lediglich ein Plus von 0,5 Prozent verzeichnete. Dafür veratwortlich war unter anderem ein zweistelliger Umsatzrückgang in China.
20,8 Mrd Franken umgesetzt
Insgesamt setzte der Hersteller von Cailler-Schokolade, Nespresso-Kaffee und Purina-Tierfutter in der Periode von Januar bis März 20,8 Milliarden Franken um, das ist ein Minus von 6,2 Prozent. Diese Wachstumszahl ist für Anleger allerdings zweitrangig, da sie auch durch Wechselkurseffekte (-5,8%) sowie Zu- und Verkäufe von Unternehmensteilen (-4,7%) beeinflusst wird.
Nestlé hat mit den vorgelegten Zahlen die Erwartungen beim Wachstum klar übertroffen. Von der Nachrichtenagentur AWP befragte Analysten hatten im Schnitt mit einem organischen Plus von 2,8 Prozent gerechnet, wobei die Bandbreite der Prognosen – wegen den grossen Unsicherheiten – unüblich gross war.
Gut gewappnet für die Krise
Für das Gesamtjahr hält Nestlé vorerst am ursprünglichen Ausblick fest, da es noch zu früh sei, die vollen finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise zu beurteilen. Diese hingen von der Dauer und den wirtschaftlichen Folgen der Krise ab. Dank eines diversifizierten Produktportfolios und der weltweiten Präsenz sieht sich Nestlé aber gut gewappnet für die Krise.
Entsprechend erwartet der Konzern weiterhin eine weitere Verbesserung des organischen Umsatzwachstums (2019: 3,5%) und der zugrunde liegenden operativen Ergebnismarge (17,6%). Nicht alle Konkurrenten von Nestlé haben übrigens an ihrem Ausblick festgehalten. Der französische Konkurrent Danone etwa hat zwar im ersten Quartal ebenfalls signifikant mehr verkauft als erwartet, verzichtet aber wegen der Unsicherheiten auf einen Ausblick, wie er ebenfalls diese Woche mitteilte.
Optionen für Yinlu werden geprüft
Nicht nur Corona war für Nestlé die letzten Monate ein Thema, auch der Firmenumbau geht offenbar weiter. Das Portfolio-Management sei vollständig auf Kurs, heisst es jedenfalls in der Medienmitteilung. So habe man beschlossen, strategische Optionen (einschliesslich eines möglichen Verkaufs) für das Yinlu-Geschäft mit Erdnussmilch und Reisporridge-Konserven in China zu prüfen. Dieses machte zuletzt einen Umsatz von umgerechnet 700 Millionen Franken und ist seit längerem eine Baustelle.
Der Verwaltungsrat habe aber gleichzeitig die strategische Bedeutung Chinas für die Gruppe bekräftigt und unterstrichen, heisst es. Nestlé betreibt den Angaben zufolge derzeit 31 Fabriken, drei F&E-Zentren und vier Produktinnovationszentren in der Region China.
Nestlé unterstützt Gastronomie-Kunden mit 500-Millionen-Franken-Hilfspaket
Ausserdem will der Nestlé-Konzern Geschäftspartner und Kunden in der Coronakrise mit diversen Initiativen unterstützen. Unter anderem hat der Nahrungsmittelkonzern für seine Abnehmer in der Gastronomie ein 500-Millionen-Franken-Hilfspaket geschnürt.
Die sogenannte «Always open for you»-Initiative sieht für Gastronomiekunden namentlich die Verlängerung von Zahlungsfristen, einen Erlass von Leihgebühren für Kaffeemaschinen sowie ein Angebot an Gratis-Produkten vor, wie aus der Nestlé-Medienmitteilung vom Freitagmorgen hervorgeht.
Eine weitere Initiative betrifft die Nachfrageschwankungen, mit denen Milchbauern derzeit konfrontiert sind. Da Milch leicht verderblich sei, stehe Nestlé zu den vereinbarten Abnahmeverpflichtungen und trage so dazu bei, die Lebensgrundlage der Bauern zu sichern. Weltweit arbeitet Nestlé nach eigenen Angaben mit 200’000 Milchbauern zusammen.(awp/mc/pg)