Bern – Die Zahl der Wohnbaugesuche hat in diesem Jahr sprunghaft zugenommen. Nicht nur in Bergregionen stehen viele Bauprofile, denn die Zweitwohnungsinitiative sorgte besonders dort für einen Ansturm. Ob gebaut werden kann, ist wegen Einsprachen aber fraglich. Seit Annahme der Zweitwohnungsinitiative im März hat die Zahl der Baugesuche Rekordwerte erreicht. Wie der jüngste Immobilienmonitor der Grossbank Credit Suisse zeigt, wurden in den zwölf Monaten bis Oktober Gesuche für den Bau von 67’600 Wohnungen eingereicht. Das sind 12’000 oder 23 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.
Der Boom sei in allen Gemeindetypen festzustellen und könne damit nicht allein auf die Zweitwohnungsinitiative zurückgeführt werden, schreiben die CS-Experten. Tiefe Zinsen, Anlagedruck und hohe Nachfrage durch die Einwanderung geben der Projektentwicklung ebenfalls kräftigen Rückenwind.
Schub wegen Initiative
Dennoch ist der stärkste Anstieg in den touristischen Gemeinden zu beobachten, in welchen die Gesuchstätigkeit von 3’000 auf 8’000 Wohnungen pro Monat anschwoll. Die Annahme der Zweitwohnungsinitiative hat viele Landbesitzer in den touristischen Gemeinden dazu veranlasst, ihre Baupläne voranzutreiben.
Besonders stark zugenommen haben die Baugesuche laut der Studie etwa in den Regionen Gstaad/Saanenland, im Goms, im Kanton Uri, in der Surselva und im Unterengadin. Hier wurden über 200% mehr Baugesuche eingereicht als im Schnitt in den vorangegangenen fünf Jahren.
Es kam zu einem Schlussspurt: Denn seit Veröffentlichung der Zweitwohnungsverordnung Ende August ist klar, dass in den 573 betroffenen Gemeinden Zweitwohnungen nur noch gebaut werden können, wenn die Gesuche bis Ende 2012 rechtskräftig bewilligt sind.
Weniger Baubewilligungen
Bis Oktober lag die Zahl der landesweit bewilligten Wohnungsbauten bei knapp 50’000. Das waren rund 5 Prozent weniger als in der Vorjahresperiode. Das lag vor allem daran, dass die Urheberin der Zweitwohnungsinitiative, die Umweltschutzorganisation Helvetia Nostra von Franz Weber, weit über tausend Einsprachen und Rekurse eingereicht hat, einen grossen Teil davon im Kanton Wallis.
Ob die Organisation zu den Einsprachen berechtigt ist, ist aber umstritten. Der Walliser Staatsrat und das Kantonsgericht haben dies verneint. Helvetia Nostra gelangte deshalb ans Bundesgericht. Dieses hat in einem Pilotverfahren die aufschiebende Wirkung erteilt: Das bedeutet, dass das fragliche Bauvorhaben in Ovronnaz VS zumindest bis zum Hauptentscheid noch nicht gebaut werden kann.
Franz Weber befürchtet, dass ohne die Einsprachen der Volkswille übergangen wird. Es gehe um die letzten noch einigermassen intakten Landschaften und Ortsbilder der Schweiz. Für die Einsprachen habe seine Organisation mehr als 200’0000 Franken als Vorschuss für Gerichtskosten hinblättern müssen.
Am 1. Januar 2013 dürfte der Schlussspurt vorbei sein. Die Credit Suisse erwartet, dass die Gesuchstätigkeit in den touristischen Gemeinden dann in sich zusammenfallen wird. (awp/mc/ps)