Zürich – Der neue ABB-Chef Björn Rosengren will den laufenden Umbau und die Vereinfachung des Konzerns fortsetzen. Die Verantwortung für strategische Entscheide wird dabei noch weiter nach unten zu den künftig 18 Divisionen delegiert. Welche Bereiche dereinst verkauft werden könnten, bleibt vorerst offen.
Mit Spannung hatten die Anleger Aussagen zur künftigen Zusammensetzung des Portfolios erwartet, insbesondere zu möglichen weiteren Abspaltungen. Doch der neue Chef hielt sich anlässlich einer Veranstaltung für Investoren dazu noch bedeckt. «Das Portfoliomanagement wird künftig eine noch grössere Rolle spielen», sagte Rosengren zwar. «Dabei werden wir nicht davor zurückscheuen, Divisionen zu sanieren, zu veräussern oder auszubauen.» Gleichzeitig liess er verlauten, dass mittelfristig keine grösseren Akquisitionen geplant seien.
Konkreter wurde er darüber hinaus aber nicht. Denn in Zukunft sollen die 18 Divisionen für die strategischen Entscheide verantwortlich sein. Rosengren will die bereits eingeleitete Verschlankung des Konzerns weiterführen und dazu bereits im Juli 2020 das neue Betriebsmodell «ABB Way» einführen.
Divisionen heissen neu Business Areas
Die bisherigen vier Divisionen Elektrifizierungs-Produkte, Industrieautomation, Antriebe sowie Robotik & Fertigungsautomation bleiben bestehen, heissen unter dem neuen Modell aber Business Areas. Die 18 Divisionen sind den Business Areas untergeordnet, bleiben aber weitgehend autonom.
In den kommenden Wochen will nun Rosengren zusammen mit den Leitern der Business Areas herausfinden, welche Divisionen sich in welcher Richtung weiter verbessern müssen und welche allenfalls ausserhalb von ABB eine bessere Zukunft haben könnten. Die Ergebnisse dieser Phase sollen an einem Investorentag im November vorgestellt werden.
Die laufende Dezentralisierung des Geschäftsmodells sei ein «Schlüsselelement» zur Schaffung eines überdurchschnittlichen Mehrwerts für alle Stakeholder, so Rosengren. Das Modell «ABB Way» werde den Rahmen an Prozessen und Leitlinien festlegen, innerhalb dessen künftig die Geschäftsbereiche und Divisionen mit dem Corporate Center agieren und der Konzern unter der Marke ABB vereint wird.
Die vom bisherigen Vereinfachungsprogramm «ABB-OS» bis 2021 versprochenen Einsparungen in der Höhe von 500 Millionen US-Dollar sollen aber erreicht werden.
Corona und Ölpreise bremsen
Auf kurze Sicht beschäftigt den neuen Chef aber auch die Corona-Pandemie. Wegen dieser und wegen des Ölpreisrückgangs stehe ABB vor herausfordernden Quartalen. Beide Faktoren hätten zu sinkender Nachfrage geführt, beispielsweise in den Absatzmärkten der Automobilindustrie und der Stromerzeugung. Auch die Reisebeschränkungen und Engpässe bei den Lieferketten hätten einen Einfluss auf den Geschäftsgang. Am meisten betroffen von Corona ist das Geschäft mit Robotern.
In China immerhin erholten sich die Märkte weiter und die Sektoren Verkehr, Nahrungs- und Genussmittel sowie Rechenzentren entwickelten sich vergleichsweise robust.
Zur Bewältigung der Krise will ABB mehr Kunden virtuell besuchen, die Produktionskapazität der Nachfrage anpassen und die Liquidität strikt managen.
An Aktienrückkauf wird festgehalten
In diesem Zusammenhang bestätigte Finanzchef Timo Ihamuotila, dass der Verkauf des Stromnetzgeschäfts an Hitachi wie geplant zum Ende des zweiten Quartals 2020 abgeschlossen sein sollte und dass ABB mit dem Nettobarerlös Aktien zurückkaufen wolle. Barmittel sollen auch in Form einer steigenden, nachhaltigen Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet werden.
Die mittelfristigen Finanzziele des Unternehmens bleiben unverändert. Demnach strebt ABB unter anderem eine operative EBITA-Marge zwischen 13 und 16 Prozent an. «Ich bin aber nicht glücklich, bevor die Marge nicht 15 Prozent erreicht hat», liess Rosengren seine Ambitionen durchblicken. «Wir müssen die Finanzkennzahlen verbessern, um Wert für die Aktionäre zu schaffen», so sein Credo. (awp/mc/pg)