Neueste Corona-Zahlen lassen dem Bundesrat wenig Öffnungsspielraum
Bern – Zweieinhalb von vier Richtwerten sind am Donnerstag, einen Tag vor allfälligen weiteren Öffnungsentscheiden des Bundesrates, nicht dort, wo sie dafür sein sollten. Derweil schwenkte das Parlament beim revidierten Covid-19-Gesetz nach dreiwöchigem Zickzack-Kurs weitgehend auf die Linie des Bundesrates ein.
Zur Unterstützung von Härtefällen stehen damit maximal 10 Milliarden Franken zur Verfügung. In der Einigungskonferenz setzten sich bei den wichtigsten Punkten die vorsichtiger agierenden Ständerätinnen und Ständeräte durch. Als Härtefall gilt ein Umsatzeinbruch von mindestens 40 Prozent.
Festivals, Messen und Publikumsanlässe «von überkantonaler Bedeutung» will das Parlament ebenfalls zusätzlich unterstützen. Die Unterstützung von regionalen und lokalen Veranstaltungen ist Sache der Kantone. Selbstständigerwerbende erhalten Hilfe, wenn sie eine Umsatzeinbusse von mindestens 30 Prozent im Vergleich zum durchschnittlichen Umsatz in den Jahren 2015 bis 2019 haben.
Neue Regeln gelten auch bei der Unterstützung von Profisportklubs. Sie müssen nicht mehr zwingend Lohnkürzungen vornehmen, um an À-fonds-perdu-Beiträge zu kommen.
Finanzminister Ueli Maurer warnte in der Frühjahrssession mehrmals davor, die Vorlage finanziell zu überladen und die Corona-Schulden weiter zu erhöhen. Es könne nicht jedes Unternehmen gerettet, jedes Einzelschicksal berücksichtigt werden. Sonst würden happige Sparprogramme drohen.
16 Prozent mehr laborbestätigte Fälle
Einen Tag vor den bundesrätlichen Beschlüssen über allfällige weitere Öffnungsschritte zeigte die Mehrheit der dafür festgelegten Richtwerte nicht in die gewünschte Richtung. Der Wochenbericht des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) wies für die Woche vom 8. bis 14. März 8783 laborbestätigte Ansteckungen mit dem Coronavirus aus. Das sind 15,7 Prozent mehr als in der Woche zuvor. Auch die Zahl der Spitaleintritte und Todesfälle stieg wieder etwas an.
Der Behörde sind am Donnerstag innerhalb von 24 Stunden 1750 neue Coronavirus-Ansteckungen gemeldet worden, 341 mehr als am gleichen Tag der Vorwoche. Gleichzeitig registrierte das BAG 23 neue Todesfälle und 71 Spitaleintritte.
Die für weitere Öffnungsschritte festgelegte 14-Tage-Inzidenz von 166 Fällen pro 100’000 Einwohnern wurde mit 199,75 Fällen überschritten. Der 7-Tage-Durchschnitt des R-Werts, der Anzahl Personen, die ein Infizierter ansteckt, lag mit 1,12 deutlich über 1, die Positivitätsrate bei den Schnelltest mit 5,1 Prozent knapp über dem Richtwert von 5 Prozent.
Andererseits lag die Rate für die etwas zuverlässigeren PCR-Tests in den letzten zwei Wochen mit 4,3 Prozent deutlich unter diesem Zielwert. Klar im grünen Bereich liegt mit knapp 170 auch der Richtwert von 250 für die Belegung der Intensivbetten.
Maskenpflicht über Ostern in Lugano
Im Hinblick auf Osteraufenthalte im Tessin hat nach Ascona auch die Stadt Lugano eine Maskenpflicht in der gesamten Altstadt, am Lungolago, der Seepromenade, sowie im gesamten Bahnhofsbereich verhängt. Diese gilt jeweils von 10 bis 19 Uhr an drei Wochenenden ab dem 27. März sowie in der Osterwoche.
SVP-Präsident Marco Chiesa hat am Donnerstag in einem Interview mit dem Newsportal nau.ch eine zeitlich befristete Maskenpflicht im Freien befürwortet. Dies allerdings nur dort, wo sich viele Menschen auf engem Raum befänden und den Abstand nicht einhalten könnten.
In der ersten Coronavirus-Welle hatte der Tessiner Chiesa noch vor solchen Besuchen gewarnt. Heute sei die Situation anders. Das Wissen über das Virus und die Schutzmassnahmen seien sehr viel besser.
Astrazeneca weiter in der Warteschlaufe
Weiter auf sich warten lässt die Zulassung des Impfstoffes von Astrazeneca. Dem Heilmittelinstitut Swissmedic fehlen nach wie vor zuverlässige Daten aus klinischen Zulassungsstudien, wie Direktor Raimund Bruhin in einem Interview mit den Zeitungen der CH-Media begründete.
Swissmedic sage nicht, dass das Produkt von Astrazeneca ein schlechter Impfstoff sei. «Wir sagen nur, dass die Firma uns gegenüber noch nicht ausreichend belegen konnte, dass es ein guter Impfstoff ist», sagte Bruhin.
Durchgeimpft sind die Alters- und Pflegeheime in den Kantonen Waadt und Aargau. 95 Prozent aller Bewohner entschieden sich laut den Waadtländer Behörden für die Impfung. Insgesamt seien 8000 Bewohner und 4500 Pflegekräfte zweimal geimpft worden. In den 106 aargauischen Pflegeheimen erhielten mehr als 9000 Personen zwei Covid-19-Impfungen.
Parlamentarier ausschliesslich «negativ»
Die dritte und letzte Sessionswoche im Bundeshaus ging ohne einen positiven Coronavirus-Fall über die Bühne. 171 Ratsmitglieder liessen sich testen, alle waren laut den Parlamentsdiensten negativ.
Insgesamt wurden 294 Tests bei Mitgliedern des Ständerats und des Nationalrats vorgenommen. Dazu kamen 359 Tests von weiteren Sessionsteilnehmenden. Dazu zählen Mitarbeitende der Parlamentsdienste, das Sicherheits- und Reinigungspersonal sowie die Mitarbeitenden der Fraktionen. (awp/mc/ps)