Liestal – Biosimilars, den Nachahmerprodukten von Biologika, wird international grosses Entwicklungs- und Sparpotenzial zugeschrieben. Das Potenzial für den Schweizer Markt ist bis heute nicht ausgeschöpft. Mit biosimilar.ch lancieren die namhaften Biosimilar-Anbieter iQone, Mepha, Mylan und Sandoz heute eine Arbeitsgemeinschaft zur gezielten Förderung dieser noch jungen Arzneimittelklasse.
Biosimilars mit enormen Einsparpotenzial für Schweizer Gesundheitswesen
Das Gesundheitswesen muss sich kontinuierlich mit hohen Preisen und steigenden Prämien beschäftigen. So machen biologische Präparate zwar nur zwei Prozent aller abgegebenen Tagesdosen aus, sorgen aber für rund ein Viertel der verursachten Kosten auf dem Erstattungsmarkt. Eine Möglichkeit, um das System finanziell zu entlasten sind Nachahmerprodukte, sogenannte Biosimilars.
Biosimilars bieten einen klaren Preisvorteil gegenüber den jeweiligen Vergleichspräparaten der Originalhersteller. Sie sind beim Markteintritt mindestens 25% günstiger als das entsprechende ehemals patentgeschützte Biopharmazeutikum. So sind allein durch Biosimilars gemäss bwa consulting ag, Bern in der Schweiz jährliche Einsparungen von rund 100 Mio. CHF realisierbar, dies ohne Kompromisse bei Wirksamkeit oder Sicherheit einzugehen. Allerdings ist man von solchen Zahlen noch weit entfernt, da die Mehrheit des Potenzials bislang ungenutzt bleibt. „Wir freuen uns darauf, mit allen Akteuren des Gesundheitswesens einen Effort zu leisten, um diese Lücke zu schliessen, und freuen uns auf deren Unterstützung“, sagt Daniel Sarbach, Mitinitiator der Arbeitsgemeinschaft und Sandoz Repräsentant bei biosimilar.ch.
Biosimilars – Nachahmerprodukte mit grossem Zukunftspotenzial
Ein Biologikum ist ein Arzneimittel, welches mit Hilfe von oder aus lebenden Organismen hergestellt wird. Biologika sind im Vergleich zu chemisch synthetisierten Molekülen wesentlich grösser und dadurch auch deutlich komplexer. Nach Ablauf des Patentschutzes des Originalpräparates können andere Anbieter Nachahmerprodukte sogenannte Biosimilars auf den Markt bringen. Auch Biosimilars werden biotechnologisch hergestellt.
Das Biosimilar ist zum Referenzprodukt in Bezug auf Sicherheit, Wirkung und Qualität gleichwertig. Auf Grund der Herstellungsweise ist es jedoch im Gegensatz zu chemisch synthetisierten Generika nicht mit dem Referenzprodukt identisch, daher die Bezeichnung «Similar». Diese Unterschiede halten sich in einem klar begrenzten Rahmen. Biosimilars unterliegen strengen Kontrollen und engen Richtwerten, um die Vergleichbarkeit zum Referenzprodukt sicherzustellen. Im Gegensatz zu Generika müssen bei Biosimilars in einer klinischen Phase III Studie deren Wirkung und Sicherheit belegt werden, was die Entwicklungsdauer im Vergleich zu einem Generikum deutlich verlängert.
Wegen der noch geringen Marktpenetration ist das Wissen über Biosimilars und deren Unterscheidung gegenüber Biologika noch nicht sehr verbreitet. Die im August 2020 gegründete Arbeitsgemeinschaft biosimilar.ch macht sich diese Aufklärungsarbeit zur Aufgabe.
Die Schweiz im Hintertreffen
„Bei Biosimilars hat die Schweiz im Vergleich zu anderen europäischen Ländern Aufholarbeit zu leisten“, sagt Giuseppe Calaciura, Mitinitiator und Repräsentant von Mylan. „Mit unserer Arbeitsgemeinschaft leisten wir hier gezielt Unterstützung, um so die Akzeptanz von Biosimilars bei allen Akteuren des Gesundheitswesens zu erhöhen.“ Während 2019 Biosimilars hierzulande lediglich 25% des Marktpotenzials[1] ausschöpften, ist deren Stellenwert in den Nachbarländern signifikant höher. So liegt die Biosimilarpenetration in den Nachbarländern abhängig vom Molekül bei bis zu 62% (Frankreich) und 84% (Deutschland)[1]. Während die Herangehensweisen zwar sehr unterschiedlich sind, verfügen Länder mit hohen Quoten über ausschlaggebende Gemeinsamkeiten, wie beispielsweise die klare Positionierung der medizinischen Fachgesellschaften und der Politik zu Gunsten der Biosimilars. Zusätzlich sorgen verständliche Empfehlungen und Informationen für grösseres Verständnis und mehr Akzeptanz bei allen Akteuren des Gesundheitswesens.
Langfristige Marktversorgung mit preisgünstigen Biosimilars als Ziel
„Diese Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem Ausland sind auch für uns in der Schweiz sehr hilfreich“, erklärt Giuseppe Calaciura. Entsprechend engagiert sich die neu gegründete Arbeitsgemeinschaft der Intergenerika dafür, dass Patientinnen und Patienten ihrem medizinischen Bedarf entsprechend Zugang zu modernen biopharmazeutischen Arzneimitteltherapien erhalten. biosimilar.ch setzt sich für ein starkes, innovatives Schweizer Gesundheitssystem und für faire und nachhaltige Wettbewerbsbedingungen ein, um das Sparpotenzial von Biosimilars zu Gunsten des Schweizer Gesundheitswesen auszuschöpfen.
Umso wichtiger ist es, dass Biosimilars auch tatsächlich in der Breite eingesetzt werden. Dazu braucht es entsprechende Anpassungen im Gesundheitssystem. Obwohl das erste Biosimilar bereits 2009 in der Schweiz zugelassen wurde, hat es bis heute keine entsprechende Anpassung im System gegeben, welche entweder dem Arzt oder dem Patienten einen Anreiz für die Verschreibung von Biosimilars bieten würde. So könnte beispielsweise eine Fixmarge – unabhängig davon, ob es sich bei der Abgabe schlussendlich um das teurere oder günstigere Produkt handelt – die Biosimilars nachhaltig fördern. Auch ein Anreiz für Patienten könnte über die Höhe des Selbstbehalts geschaffen werden.
Insgesamt gilt es, das enorme Einsparpotenzial von Biosimilars im Sinne der allgemeinen Sparanstrengungen und zum Wohl der Gesellschaft besser zu nutzen. Um dies zu erreichen, fördert die Arbeitsgemeinschaft die Information, Ausbildung und den Austausch aller relevanten involvierten Parteien und stellt auf der neu konzipierten Website www.biosimilar.ch relevante Informationen, Zahlen und Fakten rund um Biosimilars zur Verfügung. (biosimilar.ch/mc/ps)
[1] Per Troein et al.: The Impact of Biosimilar Competition in Europe, IQVIA, Oct. 2019
biosimilar.ch ist die Arbeitsgemeinschaft der Intergenerika zur Förderung der Biosimilars in der Schweiz. Sie engagiert sich dafür, dass Patientinnen und Patienten ihrem medizinischen Bedarf entsprechend Zugang zu modernen biopharmazeutischen Arzneimitteltherapien erhalten.
Intergenerika ist die Vereinigung der führenden Generikafirmen in der Schweiz, die ihrerseits über 90% des Generika-Volumens in der Schweiz repräsentieren. Intergenerika fördert die Akzeptanz von Generika durch Aufklärung von Medizinalpersonen, Fachverbänden, Krankenkassen und Patienten und fördert deren Verbreitung als qualitativ mindestens gleichwertige, jedoch preiswertere Arzneimittel. Im Weiteren plant und koordiniert der Verband die Kontakte zu Medien, Behörden und Vereinigungen im Bereiche von Medizinalpersonen und des Gesundheitswesens. Mit allen Massnahmen verfolgt Intergenerika das Ziel einer angemessenen Vertretung von Generika im schweizerischen Arzneimittelmarkt bzw. im schweizerischen Gesundheitswesen.