Schweizer Immobilienmarkt noch attraktiv für Investoren
Zürich – Der Schweizer Immobilienmarkt erfreut sich seit Jahren einer stetig steigenden Beliebtheit bei den Investoren. Für sie wirken in Zeiten unruhiger Aktienmärkte und unsicher gewordener Staatsanleihen die zuverlässigen Renditen und in die Höhe kletternden Preise von Immobilien äusserst attraktiv.
Seit geraumer Zeit heben allerdings einige Analysten sowie die Schweizerische Nationalbank (SNB) warnend den Zeigefinger. Es gebe Anzeichen, dass sich eine Blase bilde. Denn die tiefen Zinsen kurbeln die Nachfrage so stark an, dass die Preise in manchen Gegenden in den Himmel schiessen. Die Grossbank UBS veröffentlicht jedes Quartal den so genannten Swiss Real Estate Bubble Index, also ein Mass, mit dem die Verfassung des Schweizer Immobilienmarktes und ein möglicher Blasenaufbau abgebildet werden soll. Im vierten Quartal kletterte dieser Index deutlich um 0,22 auf 0,80 Punkte.
Immobilienmarkt boomt weiter
Laut den Experten der UBS zeigt der Indexstand, dass der Wohnimmobilienmarkt weiterhin boomt, sich aber gleichzeitig auch immer mehr der Risiko-Zone nähert. Diese beginnt bei einem Wert von 1. Aber auch im Risikobereich wäre der Index noch weit entfernt von seinem Hoch während der letzten Immobilienblase in der Schweiz Anfang der 90er-Jahre. Damals erklomm der Index einen Wert von deutlich über 2.
Renditen rückläufig
Etwas an Anlageattraktivität verlieren die Immobilien auch dadurch, dass sich mittlerweile offensichtlich die Mieterträge von Immobilien nicht mehr analog den Erwartungen der Investoren entwickeln. Diese Beobachtung macht zumindest die Immobilienberatungsfirma IAZI: Gemäss deren Berechnungen stieg zwar die Gesamtperformance direkter Immobilienanlagen – also die Mieterträge plus die Preissteigerung der Objekte zusammengezählt – 2011 deutlich an.
Zurückzuführen ist der Anstieg aber fast ausschliesslich auf steigende Preise. «Immobilien geniessen heute den Status als langfristig sichere Ertragsquellen. Setzt sich der aktuelle Trend fort, könnten sie diesen Status verlieren», sagt IAZI-Chef Donato Sconamiglio. Gerade institutionelle Investoren wie Pensionskassen oder Versicherungen sind aber zur Finanzierung von Renten und zur Absicherung von Risiken auf langfristig stabile Erträge angewiesen. Neubauten an Toplagen werfen deshalb für solche Investoren laut Scognamiglio mit in bar zufliessenden Renditen von nur noch 3 Prozent eigentlich bereits zu wenig ab.
Keine Neukäufe wegen zu hoher Preise
Diesen Trend bestätigt auch die Haltung vieler Immobilienunternehmen. So gab PSP Swiss Property zuletzt an, aufgrund der aktuellen Rahmenbedingungen keine Objekte kaufen zu wollen oder zu können. Begründet hat PSP den Schritt mit den oft zu hohen Preisen.
Die Hand auf dem Grill
Selbst wenn schweizweit noch von keiner Immobilienblase gesprochen werden kann, legt IAZI-Chef Donato Sconamiglio Wert darauf, nicht nur den Durchschnittswert zu betrachten. «Es ist ein bisschen so, wie wenn der Fuss im Kühlschrank ist und die Hand auf dem Grill liegt», sagt er. Denn in Genf oder Zürich stiessen deutliche Preissteigerungen durchaus auch noch auf eine starke Nachfrage.
Probleme würden aus diesem Boom heraus dann entstehen, wenn die Zinsen wieder steigen. «Viele haben vergessen, dass wir auch mal deutlich mehr für eine Hypothek bezahlt haben, und leben derzeit über ihren Verhältnissen.»
Sarasin: Zinsniveau bleibt noch über längere Zeit tief
Ganz so pessimistisch sehen es allerdings noch nicht alle: Die Bank Sarasin beurteilt die Werttreiber für Immobilien als weiterhin intakt. Ihre Experten gehen davon aus, dass das Zinsniveau noch über eine längere Zeit tief bleiben wird. «Die SNB kann die Zinsen gar nicht anheben, weil aufgrund der makroökonomischen Grosswetterlage massiver Aufwertungsdruck auf dem Franken lastet», schreibt Sarasin-Chefökonom Jan Amrit Poser.
Allerdings verschliesst auch Poser die Augen nicht vor den Risiken: Neben dem immer wieder angemahnten Zinsumfeld sieht er aber einen ganz anderen Gefahrenherd, nämlich die ungebremste Neubautätigkeit im Mehrfamilienhaussektor. Die steigende Konkurrenz zwischen zahlungskräftigen privaten und institutionellen Anlegern könnte dort zu einem Druck auf die Renditen führen. (awp/mc/pg)