Basel – Der Pharmakonzern Novartis will das auf den Bereich Nuklearmedizin spezialisierte Unternehmen Advanced Accelerator Applications (AAA) für 3,9 Mrd USD übernehmen und hat eine entsprechende Absichtserklärung geschlossen. Analysten bewerten den Zukauf mehrheitlich positiv. An der Börse reagiert der Aktienkurs aber kaum auf die Neuigkeit.
Novartis bietet den Angaben zufolge 41 USD pro Aktie und 82 USD pro American Depositary Share (entsprechen zwei Aktien) für das an der Nasdaq kotierte Unternehmen, wie es in einer Medienmitteilung vom Montag heisst. Die Transaktion werde vollständig durch kurz und langfristige Fremdmittel finanziert.
AAA wurde 2002 vom italienischen Physiker Stefano Buono als Spin-off der Europäischen Organisation für Kernforschung (CERN) gegründet und hat seinen Hauptsitz im französischen Saint-Genis-Pouilly in der Nähe von Genf. Buono ist CEO und Mitglied des Verwaltungsrats. Das Unternehmen ist in 13 Ländern mit 21 Entwicklungs- und Produktionsstandorten vertreten und beschäftigt rund 550 Mitarbeiter. Der Umsatz in vergangenen Jahr betrug 109,3 Mio EUR, und der Nettoverlust belief sich auf 25,3 Mio EUR.
AAA in drei Segmenten tätig
AAA Ist in den drei Segmenten PET (Positronen-Emissions-Tomographie), SPECT (Single-Photon-Emissions-Computertomographie) und Therapie der Nuklearmedizin tätig. Die Verfahren werden in den Bereichen Onkologie, Neurologie, Kardiologie, Infektionskrankheiten und entzündlichen Erkrankungen eingesetzt.
AAA habe dabei die RadioLigand-Therapie (RLT) Lutather im Portfolio, die in Europa zugelassen ist und in den USA zur Behandlung von Patienten mit neuroendokrinen Tumoren in der Zulassung ist, heisst es weiter. Zudem starte das RLT-Programm 177Lu-PSMA-R2 in die Phase 1/2 für die Behandlung von Prostatakrebs.
Am Morgen hatte Novartis ausserdem bekannt gegeben, dass er an der diese Woche beginnenden jährlichen Konferenz des American College of Rheumatology in San Diego neue Erkenntnisse zur Wirksamkeit seines Mittels Cosentyx präsentieren wolle.
Luthera könnte Sandostian ersetzen
In Analystenkreisen kommen die Übernahmepläne zumeist gut an. «Zeitgerecht vor dem Patentablauf von Afinitor im Jahr 2019, das unter anderem gegen Tumoren im Magen-Darm-Trakt und in der Bauchspeicheldrüse eingesetzt wurde, hat Novartis mit Lutathera nun ein viel effizienteres Mittel in Händen», schreibt die ZKB in einem Kommentar. Der Akquisitionspreis scheine hoch, sei aber wegen der Plattform-Technologie und des Umsatzpotenzials gerechtfertigt.
Die Analysten von Baader Helvea gehen davon aus, dass Luthera im Portfolio von Novartis letztlich das Mittel Sandostatin ersetzen könnte, das ebenfalls gegen Tumoren im Magen-Darm-Trakt eingesetzt wird. Das Spitzenumsatzpotenzial von Luthera schätzen die Experten auf ungefähr 2 Mrd USD ein – im Vergleich zu Umsätzen mit Sandostatin von 1,6 Mrd USD im Jahr 2016. Für 2018 liegen die Umsatzerwartungen für Luthera laut Vontobel noch bei 195 Mio USD.
Bryan, Garnier & Co. betonen, dass es Novartis mit Luthera gelingen könnte, Marktanteile zurückzuerobern. In letzter Zeit sei Sandostatin im Vergleich zu Somatuline von Ipsen klar ins Hintertreffen geraten. Schon bald würden möglicherweise eine Vielzahl an Patienten aber eine Kombination aus Sandostatin und Luthera zur Behandlung erhalten, statt ausschliesslich Somatuline.
Auch Diagnose-Dienstleistungen
Natixis wiederum betont, dass der Zukauf für Novartis aber auch einen Nachteil hat. AAA nehme jährlich rund 100 Mio EUR mit Dienstleistungen im Diagnose-Bereich ein. Mit dieser Sparte könne der Schweizer Konzern wohl kaum etwas anfangen, sei er doch schon vor Jahren aus diesem Geschäft ausgestiegen.
Die Aktien von Novartis reagieren am Montag zunächst kaum auf die Nachrichten, zogen dann aber noch an und standen zu Börsenschluss 0,7% im Plus bei 81,60 CHF. Die AAA ADR’s hatten am Freitag den Handel an der Nasdaq bei 72,91 CHF beendet. Seit Jahresbeginn stieg der Kurs um rund 170%. (awp/mc/pg)
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