Basel – Der Basler Pharmakonzern Novartis erhält Anfang 2018 einen neuen jungen Chef. Auf Joseph Jimenez folgt am 1. Februar 2018 Vasant Narasimhan (Jahrgang 1976). An der Konzernstrategie soll sich nach dem Chefwechsel vorerst nichts ändern.
Nach achtjähriger Tätigkeit tritt Joseph Jimenez per 31. Januar 2018 als Konzernchef von Novartis zurück, wie das Unternehmen am Montag überraschend mitteilte. «Sowohl aus beruflicher als auch aus persönlicher Sicht ist dies der richtige Zeitpunkt, die Führung des Unternehmens an Vas abzugeben», erklärte Jimenez an einer Telefonkonferenz.
Neue Wachstumsphase mit neuem Chef
Novartis trete ab dem nächsten Jahr in eine neue Wachstumsphase ein. Dies sei einer der Gründe für seinen Abgang gewesen, sagte Jimenez. Der Konzern habe seine Aktivitäten neu ausgerichtet, die Produktepipeline verjüngt und den Ablauf der Patente für die beiden umsatzstärksten Produkte gemeistert.
«Ein Chef sollte von Anfang an Teil dieser neuen Phase sein», sagte Jimenez. Im Übrigen sollte ein Chef nicht länger als acht Jahre im Amt bleiben, fügte der 57-jährige hinzu.
«Tief in der Forschung verwurzelt»
Der künftige Chef Vasant Narasimhan ist amerikanischer Staatsbürger und lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Basel. Er ist Mitglied der Geschäftsleitung von Novartis und seit 2005 für den Konzern tätig. Momentan leitet er die Medikamentenentwicklung.
Vor seinem Einstieg bei Novartis arbeitete Narasimhan für das Beratungsunternehmen McKinsey & Company. Er verfügt über ein abgeschlossenes Medizinstudium, absolvierte zudem ein Masterstudium in Public Policy und verfügt über einen Bachelorabschluss in Biologie. Während und nach seinem Studium widmete sich der künftige Novartis-CEO Gesundheitsproblemen in Entwicklungsländern, wie Novartis schreibt.
«Vas ist tief in der medizinischen Forschung verwurzelt und verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Koordination der Schnittstellen zwischen Forschung und Entwicklung einerseits, sowie Marketing und Absatz andererseits», sagte Novartis-Verwaltungsratspräsident Jörg Reinhardt. Ausserdem habe er einen «ausgeprägten Geschäftssinn und eine herausragende Erfolgsbilanz». Als Arzt zeichne ihn seine starke Patientenorientierung, eine aufrichtig menschliche Perspektive und ein persönliches Engagement für die Werte von Novartis aus.
Vorerst keine Strategieänderung – Zukunft von Alcon ist noch offen
«Ich fühle mich geehrt, dass mir die Führung von Novartis angetragen wurde und werde das Amt mit grossem Respekt antreten», sagte Narasimhan. Er blicke mit grosser Zuversicht in die Zukunft. Eine der grössten Stärken von Novartis ist laut Narasimhan die Innovation. Die Leistungen von Forschung und Entwicklung in einen kommerziellen Erfolg umzusetzen, zähle zu seinen grössten Herausforderungen als Chef, erklärte der Amerikaner.
Auf die Frage, ob die unter Jimenez als eher zurückhaltend bekannte Akquisitionspolitik von Novartis unter dessen Nachfolger Narasimhan eine neue Dynamik erfahren werde, sagte Reinhard: «Für den Moment ist keine Änderung der Strategie geplant.» Auch die Zukunft der Augensparte Alcon, dem Sorgenkind von Novartis, ist noch offen. Es würden weiterhin alle Optionen in Betracht gezogen – vom Behalten des Bereichs bis zu einem Verkauf. Ende Jahr werde man über den Stand informieren.
Jimenez kehrt in die USA zurück
Nach dem Chefwechsel stehe Novartis weiterhin zum Standort Schweiz und speziell zu Basel, versicherte Narasimhan. Solange das Umfeld hierzulande wettbewerbsfähig bleibe, werde man weiter in der Schweiz investieren.
Joseph Jimenez wird noch bis zum 31. August 2018 dem neuen CEO unterstützend und beratend zur Verfügung stehen, um einen reibungslosen Übergang zu ermöglichen, wie Novartis weiter mitteilte. Danach kehre Jimenez mit seiner Familie zurück ins Silicon Valley in den USA. Dort will er unter anderem seinem Interesse, der Schnittstelle zwischen Biologie und Technologie, nachgehen, wie er an der Telefonkonferenz erzählte.
Anleger mit CEO-Wahl zufrieden
Die Novartis-Aktien (-1,0%) konnten sich zum Wochenauftakt dem schwachen Gesamtmarkt (SMI: -0,86%) nicht entziehen und schlossen tiefer. Dennoch könnte Händlern zufolge der Wechsel an der Konzernspitze auf bevorstehende grössere Veränderungen bei Novartis hindeuten. Narasimhan habe im Gegensatz zu Jimenez eine zur Pharmaindustrie sehr passende Ausbildung vorzuweisen; er sei eine «exzellente» Wahl, erklärt ZKB-Analyst Michael Nawrath. Was Novartis etwa in der Immunonkologie oder bei der Targeted Therapie verpasst habe, verantwortet durch den US-Ableger in Boston, werde er wettmachen, ist sich Nawrath sicher.
Die Leistung von Jimenez in den vergangenen acht Jahren umschreibt der ZKB-Analyst mit «mehr als passabel». Zwar habe er die Probleme bei der Augenheilsparte Alcon «eher mitzuverantworten», doch die Probleme beim Launch des Herzmittels Entresto seien eher dem ehemaligen Pharmachef David Epstein zuzuschreiben. Einige Experten machen jedoch kein Geheimnis daraus, dass sie sich angesichts der hausgemachten Probleme bei den Tochtergesellschaften Alcon und Sandoz doch lieber einen Nachfolger von ausserhalb des Unternehmens gewünscht hätten.
«Würdiger Nachfolger»
Wie die Credit Suisse schreibt, ist mit Narasimhan ein würdiger Nachfolger gefunden worden. Denn der bisherige Forschungs- und Entwicklungschef könne mit Medikamenten wie Entresto, Cosentyx oder Kisqali grössere Erfolge für sich verbuchen. Auch für seinen Berufskollegen Stefan Schneider von der Bank Vontobel ist Narasimhan der logische Nachfolger von Joe Jimenez. Seines Erachtens verfügt Narasimhan über einen sehr starken Hintergrund im Pharmabereich. Ausserdem habe Novartis das Pharmageschäft durch die kürzlich erfolgte Reduktion von sechs auf drei Geschäftseinheiten erheblich gestärkt. (awp/mc/pg)