Basel – Die ersten zwei Quartale 2020 standen beim Pharmakonzern Novartis ganz unter dem Motto: Wie gewonnen, so zerronnen. Nachdem Hamsterkäufe im ersten Jahresviertel noch für ein Wachstum über Erwartungen gesorgt hatten, hat sich dieser Effekt im zweiten Quartal dann komplett umgekehrt.
Vor allem im April und Mai hat der Pharmakonzern die Auswirkungen von Pandemie und Lockdown zu spüren bekommen. In dieser Zeit sind die Neubehandlungen von Patienten sowie Arztbesuche deutlich zurückgegangen. Krankenhäuser haben in dieser Zeit ihre Betten vor allem für Notfälle und Corona-Patienten gebraucht.
Das hat denn auch den Umsatz des Pharma-Riesen in diesen beiden Monaten belastet. Im Juni normalisierte sich die Lage dann langsam wieder.
In Zahlen heisst dies nun: Zwischen April und Juni hat Novartis 11,3 Milliarden US-Dollar umgesetzt. Das ist ein Minus von 4 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Zu konstanten Wechselkursen (kWk) ergab sich ein Rückgang um 1 Prozent. Damit blieb Novartis unter den durchschnittlichen Annahmen der Analysten.
Pharmasparte stagniert
Den grössten Umsatz-Beitrag lieferte wie üblich die Pharmasparte. Sie erzielte einen Erlös von 9,2 Milliarden US-Dollar. Das war 1 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.
Schlecht lief das Geschäft mit dem Augenmittel Lucentis und anderen reifen Produkten aus der Augenheilkunde. Auch die Neubehandlungen von Patienten in der Dermatologie haben sich negativ bemerkbar gemacht.
Die Generika-Sparte Sandoz hat im Berichtszeitraum 2,2 Milliarden umgesetzt. Das sind 11 Prozent weniger als im zweiten Quartal 2019. Der Umsatzrückgang war auf negative Auswirkungen von Covid-19 zurückzuführen, vor allem auf die Umkehrung der Vorratskäufe des ersten Quartals und eine geringere Nachfrage im Retailgeschäft.
Unter dem Strich blieb ein Reingewinn von 1,9 Milliarden übrig nach 2,1 Milliarden im Vorjahreszeitraum. Er sei vor allem durch ein niedrigeres operatives Ergebnis geprägt, so Novartis.
Novartis selbst orientiert seine Prognose allerdings an den sogenannten Kern-Zahlen, die um verschiedene Einflüsse wie Abschreibungen bereinigt sind. Dieser Kern-Reingewinn hat mit 3,1 Milliarden stagniert.
Kostensenkungen stützen Gewinn
Dass Novartis beim Gewinn besser abgeschnitten hat als bei der Umsatzentwicklung liege zu einem grossen Teil an den tieferen Kosten für Reisen und Besprechungen, erklärte CEO Narasimhan am Dienstag im Gespräch mit Journalisten.
Gleichzeitig betonte er, dass Novartis wegen des Coronavirus keine Stellenstreichungen zur Kostenreduktion plane. «Wir werden unsere schon vor längerem kommunizierten Effizienz-Programme weiter umsetzen.»
Für den weiteren Geschäftsverlauf stellt Novartis denn auch eine ähnliche Entwicklung wie in den ersten sechs Monaten in Aussicht. So peilt der Konzern beim Umsatz das untere Ende seiner früheren Aussagen an und beim operativen Kernergebnis das obere.
Konkret heisst das: Zu konstanten Wechselkursen soll der Umsatz im mittleren einstelligen Prozentbereich (kWk) zulegen und der operative Kerngewinn im niedrigen zweistelligen Prozentbereich.
Analysten zeigen sich zurückhaltend. So schränkt beispielsweise Stefan Schneider von Vontobel ein, dass diese Prognose unter der Voraussetzung gilt, dass sich die Lage rund um das Coronavirus weiter entspanne. «Eine solche Annahme ist angesichts der steigenden Neuinfektionen speziell in den USA mit grosser Unsicherheit behaftet.»
Die Novartis-Aktie büsste am Dienstag bis Handelsschluss in einem leicht tieferen Gesamtmarkt 1,9 Prozent ein. (awp/mc/ps)