Basel – Bei Novartis setzt der neue CEO Vas Narasimhan sein Ziel, den Konzern auf Daten und Technologie zu fokussieren, konsequent weiter um. Am Montag kündigte der Pharmakonzern an, das US-Unternehmen Avexis für 8,7 Mrd USD übernehmen zu wollen. Eine entsprechende Vereinbarung haben die beiden Unternehmen bereits geschlossen. Mit dem Zukauf will Novartis seine Position als führendes Gentherapie- und Neuroscience-Unternehmen ausbauen. Die Transaktion soll Mitte 2018 abgeschlossen werden.
Während Novartis selbst die Übernahme als Stärkung seiner Position im Bereich der Gentherapie und Neurowissenschaften bewertet, sehen Analysten den Kauf vornehmlich als einen Schritt in den Bereich der seltenen Krankheiten. Denn das US-Unternehmen verfügt über den Produktkandidaten AVXS-101. Dieser habe das Potenzial, die erste Genersatztherapie zur Behandlung der spinalen Muskelatrophie (SMA) zu werden – einer Krankheit, die zum frühen Tod oder zu lebenslanger Behinderung führt und erhebliche Gesundheitskosten verursacht.
Wie der Novartis-CEO in einer Telefonkonferenz weiter ausführt, handelt es sich bei SMA um eine angeborene neurodegenerative Krankheit. Sie wird durch einen Defekt in einem einzelnen Gen, dem Survival Motor Neuron (SMN1), hervorgerufen. «Der führende Therapiekandidat von Avexis, AVXS-101, weist bei der Behandlung der SMA Typ 1 sehr überzeugende klinische Daten vor», so Narasimhan. Schätzungen zufolge ist eins von 6’000-10’000 geborenen Kindern von einer Form der SMA betroffen.
Neuartige Therapie mit Blockbuster-Potenzial
Sollte Avexis die Zulassung erhalten, wäre AVXS-101 eine neuartige Therapie zur einmaligen Anwendung in der Behandlung der genetischen Ursachen der SMA. In den USA verfügt der Kandidat über den Status «Breakthrough Therapy», in Europa über den sogenannten PRIME-Status und ist als «Sakigake» in Japan eingestuft.
Für die zweite Jahreshälfte 2018 stellt Novartis einen möglichen US-Zulassungsantrag für AVXS-101 in Aussicht. In Japan könnte es erste Diskussionen mit den Zulassungsbehörden im dritten Quartal 2018 geben. In der EU werde man dann voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2019 den Zulassungsantrag stellen.
Entsprechend könnte es dann ab 2019 zu ersten Umsatzbeiträgen kommen. Wie der CEO vor Journalisten und Analysten betonte, habe AVXS-101 Blockbusterpotenzial. Auf Gewinnseite dürfte sich der Zukauf von Avexis ab 2020 stark auf das operative Kernergebnis und den Gewinn je Aktie auswirken. Für 2018 und 2019 erwartet der Konzern dagegen einen leicht negativen Einfluss auf das operative Kernergebnis.
Teil der GSK-Mittel wird genutzt
Wie Novartis weiter mitteilt, soll die Transaktion von Avexis durch verfügbare Barmittel und kurzfristiges Fremdkapital finanziert werden. Hierzu würde man auch einen Teil der 13 Mrd USD nutzen, die Novartis dank dem Ausstieg aus dem GSK-Joint Venture zufliessen dürften.
Zur Erinnerung: Erst vor wenigen Tagen hatte Novartis angekündigt, die Beteiligung am Gemeinschaftsunternehmen für rezeptfreie Medikamente an den britischen Rivalen GlaxoSmithKline zu verkaufen.
An der Börse fiel die Reaktion verhalten aus. In einem insgesamt freundlichen Markt (SMI: +0,18%) notierten Novartis-Aktien zu Handelsschluss um 0,1% tiefer. (awp/jmc/ps)