NR-Kommission will Versicherer zu Managed Care verpflichten

Bern – Bei der Managed-Care-Vorlage zur Förderung von medizinischen Versorgungsnetzen zeichnet sich noch keine Einigung zwischen den Räten ab. Die Gesundheitskommission des Nationalrates (SGK) empfiehlt ihrem Rat, bei wichtigen Punkten an seiner Linie festzuhalten.

Besonders umstritten ist, ob die Krankenversicherer dazu gezwungen werden sollen, medizinische Versorgungsnetze anzubieten. Die Nationalratskommission sprach sich mit 19 zu 7 Stimmen für einen Zwang aus, wie die Parlamentsdienste am Freitag mitteilten. Der Ständerat will Krankenkassen dagegen nicht dazu zwingen, Managed Care anbieten zu müssen. Weitere Differenzen haben die Räte beim Selbstbehalt. Hier schlägt die Nationalratskommission jedoch einen Kompromiss vor: Wer sich für ein Managed-Care-Modell entscheidet, soll 7,5% Selbstbehalt bezahlen statt wie bisher 10%. Alle anderen sollen 15% bezahlen.

Umkämpfter Selbstbehalt
Der Nationalrat hatte sich dafür ausgesprochen, den Selbstbehalt für Managed-Care-Patienten bei 10% zu belassen und alle übrigen mit 20% zu «bestrafen». Der Ständerat wollte Managed-Care-Patienten mit einem Selbstbehalt von 5% «belohnen», die anderen mit 15% bestrafen. Ausschlaggebend für den Kompromiss-Vorschlag seien Schätzungen gewesen, die gezeigt hätten, dass ein Selbstbehalt von lediglich 5% zu Prämienerhöhungen führen würde, schreibt die Kommission.

Anreiz-System
Keine Annäherung gab es bei der Obergrenze des Selbstbehalts: Mit 13 zu 12 Stimmen bei 1 Enthaltung sprach sich die Nationalratskommission gegen eine Obergrenze aus. Nach dem Willen des Ständerats soll der Selbstbehalt für Managed-Care-Versicherte auf jährlich höchstens 500 CHF begrenzt werden. Für alle anderen Versicherten soll ein Höchstbetrag von 1’000 CHF gelten. Mit Anreizen möchten die Gesundheitspolitiker dafür sorgen, dass sich möglichst viele Menschen in der Schweiz einem integrierten medizinischen Versorgungsnetz anschliessen. Sie erhoffen sich von den Netzwerken eine höhere Behandlungsqualität und ein langsameres Kostenwachstum.

SGK will Kinder von Krankenkassenprämien befreien
Eltern sollen künftig für ihre Kinder keine Krankenkassenprämien mehr bezahlen müssen. So möchte es die SGK. Sie hat zwei parlamentarischen Initiativen mit dieser Forderung Folge gegeben. Mit 16 zu 8 Stimmen sprach sich die Kommission für die Initiative von Ruth Humbel (CVP/AG) aus, mit 13 zu 10 Stimmen für jene von Susanne Leutenegger Oberholzer (SP/BL), wie die Parlamentsdienste weiter mitteilten. Die erste Initiative will Kinder, die zweite zusätzlich auch junge Erwachsene in Ausbildung von den Krankenkassenprämien befreien.

«Wirksames Instrument»
Die Mehrheit der Kommission befand, dies sei ein wirksames Instrument, um insbesondere mittelständische Familien zu entlasten, die keine Prämienverbilligung erhielten. Gemäss Leutenegger Oberholzer werden Familien durch Kinderprämien mit rund einer Milliarde Franken belastet. Dies stehe im Widerspruch zum Ziel, Familien mit Kindern finanziell zu entlasten, hält sie fest.  Ruth Humbel gibt zu bedenken, dass mit den stetigen Prämienerhöhungen der Druck steige, einen immer grösseren Teil der Bevölkerung zu subventionieren. Das heutige Prämienverbilligungssystem sei kompliziert und mit viel administrativem Aufwand verbunden. Die Prämienbefreiung für Kinder wäre wesentlich einfacher, effizienter und solidarischer.

Finanzierung der Gesundheitsleistungen aus einer Hand

Heute hätten Familien die Prämien der älteren Generation so stark mitzufinanzieren, dass sie selber Prämienverbilligung beanspruchen müssten, schreibt Humbel in der Begründung zu ihrer Initiative. Allenfalls könnten mit der Definition einer Einkommensobergrenze hohe Einkommen von der Prämienbefreiung der Kinder ausgenommen werden.  Ebenfalls gutgeheissen hat die Kommission eine Initiative von Humbel zur Finanzierung der Gesundheitsleistungen aus einer Hand. Für dieses Anliegen sprach sie sich mit 14 zu 10 Stimmen aus. Die Mehrheit der Kommission vertrat die Meinung, die unterschiedliche Finanzierung des ambulanten und stationären Bereichs führe zu Fehlanreizen.  Heute werden ambulante Behandlungen gemäss TARMED vergütet. Berücksichtigt sind dabei auch die Investitionskosten. Stationäre Behandlungen werden dagegen zu mindestens 50% vom Kanton getragen, ohne dass dabei die Investitionskosten berücksichtigt werden.

Zuständigkeiten für Unterstützung: Neuregelung
Bedürftiger Die Befürworter eines Wechsels befürchten, dass im heutigen System zuweilen eine teurere stationäre Behandlung verordnet wird, obwohl eine kostengünstigere ambulante Behandlung ausreichen würde. Kritiker sehen in der Finanzierung aus einer Hand derweil eine unerwünschte weitere Stärkung der Krankenversicherer.  Mit 13 zu 10 Stimmen sprach sich die Gesundheitskommission schliesslich dafür aus, die Zuständigkeiten für die Unterstützung Bedürftiger neu zu regeln. Die ständerätliche Schwesterkommission kann damit einen Gesetzesentwurf ausarbeiten.  Heute muss der Heimatkanton dem Wohnkanton die Unterstützung erstatten, wenn der oder die Unterstützte noch nicht seit zweit Jahren ununterbrochen im anderen Kanton wohnt. Diese Regel sei veraltet und problematisch, begründet Philipp Stähelin (CVP/TG) seine parlamentarische Initiative. (awp/mc/ps)

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