Nycomed-CEO Håkan Björklund.
Osaka – In der Pharmabranche dreht sich das Fusionskarussell weiter. Der grösste japanische Pharmakonzern Takeda übernimmt den Schweizer Arzneimittelhersteller Nycomed für 9,6 Milliarden Euro. Die japanische Nummer eins will mit dem Milliardendeal unabhängiger vom schwierigen Heimatmarkt und den USA werden, wo billigere Nachahmermedikamente den Umsatz bedrohen.
«Durch die Übernahme von Nycomed erhält Takeda auf einen Schlag Zugang zu den schnellwachsenden Schwellenländern», sagte Takeda-Chef Yasuchika Hasegawa bei Bekanntgabe der bereits erwarteten Übernahme. Die Umsätze in Europa sollen sich mit dem Kauf verdoppeln. Die Akquisition werde sowohl schulden- als auch cashfrei abgewickelt, teilte der Daiichi Sankyo und Astellas Pharma-Konkurrent am Donnerstag mit. Die Verwaltungsräte der beiden Unternehmen hätten der Fusion zugestimmt, welche in den nächsten 90 bis 120 Tagen vollzogen werden soll. Die Übernahme unterliegt der Genehmigung der Kartellbehörden und werde das Dermatologie-Geschäft Nycomeds in den USA ausschliessen.
Schwellenländer sollen Wachstum sichern
Takeda ist seit einiger Zeit dabei, das Geschäft ausserhalb Japans zu erweitern. Weil sich das Wachstum der Märkte in den reichen Industriestaaten abschwächt, suchen viele grössere Pharmaunternehmen ihre Wachstumschancen in aufstrebenden Schwellenländern oder in der Übernahme von Biotech-Unternehmen. 2008 hatten die Japaner bereits Millennium Pharmaceuticals für 8,8 Milliarden Dollar übernommen. Für das Geschäftsjahr 2010/2011 (31. März) meldete Takeda einen Umsatz von 1,42 Billionen Yen (rnd 12,3 Mrd. Euro). Der Gewinn war auf 248 Milliarden Yen eingebrochen. Es steht damit auf Rang 15 der Pharmaunternehmen der Welt. Der Konzern erzielt 45 Prozent des Umsatzes in Japan und 40 Prozent in den USA. Eines der wichtigsten Medikamente von Takeda ist das Diabetesmittel Actos.
Nycomed-Eigner verkaufen
Nycomed hatte 2006 die Pharmasparte des deutschen Chemiekonzerns Altana für 4,5 Milliarden Euro übernommen. Die Gesellschaft befindet sich mehrheitlich im Besitz von vier Beteiligungsgesellschaften. Grösster Anteilseigner ist Nordic Capital mit 41,2 Prozent gefolgt von Credit Suisse mit 25,6 Prozent sowie Coller (9,7%) und Avista (8,9%). Der Ausstieg der Finanzinvestoren bei Nycomed wurde seit längerem erwartet. Auch über einen Börsengang wurde spekuliert. Umsatzstärkstes Produkt von Nycomed ist das von Altana übernommene Magenmittel Pantoprazol, dessen Patentschutz jedoch in vielen Märkten 2009 und 2010 ausgelaufen ist. Das zweite Altana-Medikament Roflumilast (Daxas) gegen Raucherlunge hatte jüngst die Zulassung in den USA erhalten. Mit Verzögerungen bei Daxas und dem damals noch anstehende Patentablauf für Pantoprazol wurde 2006 der Verkauf des Altana-Pharmageschäfts an Nycomed begründet. (awp/mc/ss/upd/ps)