Öffentlicher Transport: Wie viel zahlt der Nutzer, wie viel der Staat?

(Foto: SBB)

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St. Gallen – Immer mehr Menschen in der Schweiz fahren Bahn, Bus oder Tram. Der Ausbau des Verkehrsnetzes treibt die Kosten in die Höhe. Wer soll sie künftig übernehmen: Bahnfahrer oder Staat? Dieser Frage ging das SBB Lab am Institut für Systemisches Management und Public Governance (IMP-HSG) nach. Eine repräsentative Befragung der Schweizer Bevölkerung zwischen 24. Juni und 5. Juli mit rund 2000 Probanden zeigt, dass der gewünschte staatliche Subventionsbeitrag bei rund 50 Prozent und damit nahe am heutigen Kostenteiler liegt. Knapp mehr als die Hälfte der Befragten wäre bereit, Zusatzkosten für einen weiter ausgebauten öffentlichen Verkehr zu tragen.

Diese Einschätzung ist von mehreren Faktoren abhängig. Laut dem Verfasser der Studie, Prof. Dr. Christian Laesser, ziehen Personen ohne Abonnement eher eine Finanzierung durch die Nutzer vor. Personen mit Abonnement sprechen sich eher für eine Finanzierung durch die Allgemeinheit aus. Dies gilt unabhängig davon, wer dieses Abo bezahlt – selbst oder beispielweise der Arbeitgeber).

Unterschiede zeigen sich auch in Sachen Beruf: Personen in Ausbildung und Personen ohne Arbeitseinkommen, beispielsweise Pensionierte, neigen zu einer Finanzierung durch die Allgemeinheit. Selbständig Erwerbende oder auch Personen des mittleren und oberen Managements bevorzugen eine Finanzierung durch die Nutzer. Alleinige Nutzerfinanzierung oder alleinige Finanzierung durch die Allgemeinheit sind unpopuläre Positionen. Die Mehrheit der Befragten will einen adäquaten Beitrag zum öffentlichen Verkehr beisteuern.

Konsens über gerechte Verteilung der Mehrkosten
Steuererhöhungen zur Finanzierung von Mehrkosten im öffentlichen Verkehr durch die Allgemeinheit sind wenig populär. Vielmehr würde eine grosse Mehrheit der Befragten hierzu lieber in anderen Bereichen sparen: Bei Landesverteidigung, Beziehungen zum Ausland und – unter Einschränkungen – bei der sozialen Wohlfahrt; nicht aber beispielweise bei der Bildung. Bestünde keine Alternative zu Steuererhöhungen, sprächen sich mehr Befragte dafür aus, die Nutzer bezahlen zu lassen. Die unmittelbare Spürbarkeit der steuerlichen Mehrkosten lässt die Finanzierung durch die Allgemeinheit offensichtlich weniger attraktiv erscheinen. Dennoch sind auch in diesem Fall Extrempositionen sehr selten. Es besteht Konsens, dass auch unter solchen eher härteren Annahmen steuerlicher Mehrbelastung beide Seiten zur Deckung der Kosten beitragen müssen, wenn auch etwas mehr zu Lasten der Nutzer.

Zukünftige Fahrtkosten weniger gut kalkulierbar als Steuern
Man würde nun erwarten, dass Personen mit hohen Einkommen eher für eine Finanzierung durch die Nutzer plädieren, da sie aufgrund der Progression höhere Steuern bezahlen und von einer Finanzierung durch die Allgemeinheit eher betroffen wären. Dies trifft nur eingeschränkt zu.

Der Grund: Viele dieser Personen sind auch im Besitz eines Abonnements und würden damit von einer Finanzierung durch die Allgemeinheit unmittelbar profitieren.

Bei vielen Befragten lässt sich feststellen, dass die Summe ihrer derzeitigen Mobilitätskosten und zukünftigen Steuern über dem persönlich möglichen Minimum liegt: In der Festlegung des Mixes zwischen Nutzer- und öffentlicher Finanzierung wählen sie lieber – auch für sich selbst – höhere Steuern als unbedingt notwendig, um den finanziellen Spielraum für potenzielle zukünftige Mehrfahrten für Freizeit oder Arbeitsplatzwechsel zu haben. Die Höhe der Steuern ist relativ gut kalkulierbar. Mehrkosten durch zukünftige Mehrfahrten dagegen nicht. (HSG/mc/ps)

Die gesamte Studie finden Sie in unserer Forschungsplattform Alexandria unter: https://www.alexandria.unisg.ch/Publikationen/Zitation/Christian_Laesser/227517

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