Zürich – Der Industriekonzern Oerlikon unterzieht sich einer Schrumpfkur. Künftig soll der Fokus auf der Oberflächentechnologie liegen, das Textil-Maschinen-Geschäft hingegen abgespalten werden. Dieses war im vergangenen Geschäftsjahr für die rückläufigen Zahlen verantwortlich.
Bis es mit der Abspaltung der Sparte Polymer Processing Solutions so weit ist, kann es allerdings noch eine Weile dauern. Oerlikon gibt sich für diesen Schritt einen Zeitrahmen von 12 bis 36 Monaten. «Wir wollen ohne Zeitdruck die beste Möglichkeit für Polymer prüfen», sagte Executive Chairman Michael Süss an der Bilanzmedienkonferenz in Zürich.
Um für einen allfälligen Verkauf oder eine Abspaltung gut positioniert zu sein, soll die Division zunächst aus dem aktuellen zyklischen Tief herausgeführt werden. «Wir sehen bei Polymer in Teilmärkten erste Anzeichen einer Verbesserung, aber die Talsohle ist noch nicht ganz erreicht», sagte Süss. Mit einer grundlegenden Erholung des Geschäfts rechnet er erst 2025 oder gar erst 2026.
Form der Abspaltung noch offen
Ob die Division verkauft oder eine andere Lösung wie ein Spin-off gefunden wird, ist noch offen. «Wir prüfen verschiedene Optionen», sagte Finanzchef Philipp Müller.
Oerlikon wird damit künftig deutlich kleiner. Mit rund 3800 Mitarbeitern trug die Division Polymer Processing im vergangenen Jahr etwas weniger als 1,2 Milliarden Franken zum Umsatz von Oerlikon bei und damit rund 43 Prozent. Sie verfügt global über 11 Produktions- und Forschungsstandorte sowie 35 Anlaufstellen für Verkauf und Service.
Wegen der konjunkturellen Flaute in der Textilindustrie hatte Oerlikon bereits Ende 2022 Massnahmen zur Kostensenkung angekündigt. Rund 800 Stellen wurden dabei global abgebaut, mehrheitlich in Deutschland. Polymer Processing verzeichnete allein im Geschäftsjahr 2023 einen Einbruch des Bestelleingangs um rund 40 Prozent.
Die geplante Trennung der Division Polymer Processing wurde unter anderem mit den fehlenden Synergien zwischen den beiden Divisionen begründet. «Polymer Processing und Surface Solutions (Oberflächentechnologie) sprechen zwei komplett verschiedene Investorengruppen an», meinte Süss. Man wolle deshalb die Zeit des Konglomerats verschiedener Geschäfte endgültig hinter sich lassen.
Oberflächen-Geschäft «gut positioniert»
Die Division Surface Solutions sieht Süss hingegen «gut positioniert für profitables Wachstum», auch wenn der starke Franken das Wachstum derzeit etwas bremse. Laut Süss wurde kürzlich ein Vertrag mit einem Automobilhersteller über die Lieferung von Brandschutz für Batterien in Elektroautos unterzeichnet. Und er rechnet mit weiteren Aufträgen dieser Art.
Die Kurzarbeit bei der Tessiner Tochter Riri, die Ziermetallteile oder Schnallen für teure Kleider oder Luxushandtaschen herstellt, ist laut Müller aufgehoben. «Wir schauen zuversichtlich in die Zukunft», erklärte der Finanzchef.
Was die Zahlen des vergangenen Geschäftsjahres betrifft, so ist wegen der Schwäche von Polymer Processing der Umsatz um über 7 Prozent auf 2,69 Milliarden und der Auftragseingang um knapp 18 Prozent auf 2,46 Milliarden Franken zurückgegangen. Der operative Betriebsgewinn (EBITDA) reduzierte sich um gut 13 Prozent auf 444 Millionen Franken und die entsprechende Marge um 1,1 Prozentpunkte auf 16,5 Prozent.
Für 2024 rechnet Oerlikon mit einem währungsbereinigten organischen Umsatzrückgang im hohen einstelligen Prozentbereich sowie mit einer EBITDA-Marge zwischen 15,0 und 15,5 Prozent. Surface Solutions wird die Schwäche von Polymer Processing nicht auffangen können. (awp/mc/pg)