Omikron-Welle laut Taskforce möglicherweise gebrochen
Bern – Eine Woche vor dem Bundesratsentscheid zum künftigen Umgang mit dem Coronavirus sind sich die Experten des Bundes einig: Der Höhepunkt der Omikron-Welle ist erreicht. Über die Langzeitfolgen von Covid-19-Erkrankungen bleibt dagegen vieles im Dunkeln.
Die gute Nachricht zuerst: Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) meldete am Dienstag 26’761 neue Corona-Fälle. Der Sieben-Tage-Schnitt ging im Vergleich zur Vorwoche um 18 Prozent zurück. Stabil blieben die Zahl der Spitaleintritte, der Personen in Intensivpflege sowie der Verstorbenen.
«Der Höhepunkt der fünften Welle ist wohl erreicht», sagte Virginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrolle im BAG, am Nachmittag vor den Medien in Bern. Auch die wissenschaftliche Taskforce des Bundes kam in ihrem wöchentlichen Lagebericht zum Schluss, dass die Omikron-Welle möglicherweise gebrochen sei. Der sogenannte R-Wert, der angibt, wie viele Menschen eine infizierte Person ansteckt, lag demnach in der letzten Januar-Woche signifikant unter Eins.
Was dies nun für den künftigen Umgang mit dem Virus zu bedeuten hat, darüber mochte Masserey nicht sinnieren. Es sei am Bundesrat, zu entscheiden, so das Credo. Die Regierung diskutiert am 16. Februar über die Frage, ob die Corona-Einschränkungen auf einmal oder schrittweise aufgehoben werden. Unabhängig vom Entscheid sei weiterhin eine «gewisse Vorsicht» angebracht, sagte Masserey.
Jeder vierte Infizierte mit Langzeitfolgen
Neben der Beurteilung der epidemiologischen Lage fokussierten sich die Corona-Experten am Dienstag auf das Thema Long Covid. Über die Auswirkungen der Post-Covid-19-Erkrankung – so die Bezeichnung der Weltgesundheitsorganisation WHO – auf Gesellschaft und Wirtschaft ist noch wenig bekannt. Das ist mit ein Grund, weshalb einige Akteure die vollständige Aufhebung der Schutzmassnahmen kritisch beurteilen.
Im vergangenen Jahr haben sich rund 1700 Personen bei der Invalidenversicherung (IV) angemeldet in Zusammenhang mit Long Covid. Das sind zwei bis drei Prozent aller Anmeldungen. Das sagte Corinne Zbären, stellvertretende Leiterin Geschäftsfeld Invalidenversicherung im Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV).
Langzeitfolgen einer Infektion mit dem Coronavirus betreffen laut einer neuen Studie aus dem Kanton Zürich rund ein Viertel aller Personen, die sich anstecken. Drei von hundert Personen leiden sechs Monate nach einer Ansteckung noch sehr stark.
Dies erklärte Milo Puhan, Direktor des Instituts für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention der Universität Zürich. Er stützte sich auf Befragungen von rund 1500 zufällig ausgewählten Infizierten im Kanton Zürich.
Long-Covid-Register nicht vom Tisch
Dazu kommt die schwierige Diagnostik, wie Linda Nartey, Leiterin Direktionsbereich Prävention und Gesundheitsversorgung im BAG, ausführte. «Oft werden Symptome am Anfang nicht ernst genommen.» Für die Betroffenen sei es deshalb wichtig, dass ihre Beschwerden schnell abgeklärt würden.
Ein Long-Covid-Register, wie es Patientenorganisationen seit längerem fordern, ist laut dem BAG nun doch eine Option. Klar sei, dass man nun Informationen zu Krankheitsverläufen sammeln und auswerten müsse, erklärte Nartey. Auf welche Weise dies geschehen solle, werde derzeit in Arbeitsgruppen des Bundes diskutiert. Eine Prognose, wann ein Entscheid gefällt werde, wollte sie nicht abgeben.
Auch laut Rudolf Hauri, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte (VKS), besteht Verbesserungs- und Entwicklungspotenzial im Umgang mit Langzeitfolgen von Covid-19. Aus Sicht der Kantone sei insbesondere wichtig, zu klären, welche Angebote es in der Schweiz für Betroffene gebe und ob diese richtig seien.
Interaktive Hilfsangebote
Das Genfer Universitätsspital hat eine interaktive Plattform für einen Informationsaustausch zu Long Covid entwickelt. Das Spital will damit die Betroffenen besser begleiten können. Wichtig sei, dass die Betroffenen gut informiert seien, um die Symptome selbst erkennen zu können, sagte Klinikleiterin Mayssam Nehme.
Die Plattform Rafael verfügt laut Nehme über ein textbasiertes Dialogsystem, einen sogenannten Chatbot, um die Betroffenen interaktiv aufzuklären und der richtigen Behandlung zuzuführen. Der Chatbot fordere die Betroffenen auf, auch ihre Informationen zu teilen. (awp/mc/ps)