ÖV: Erste Klasse, Alte und Junge bezahlen mehr

Andreas Meyer

SBB-CEO Andreas Meyer.

Bern – Der öffentliche Verkehr setzt um, was er schon lange angekündigt hat: Die Billettpreise steigen. Dieses Jahr werden vor allem die Nutzerinnen und Nutzer von General-Abonnementen sowie 1.-Klasse-Passagiere zur Kasse gebeten.

Empfindlich trifft es die Jungen: Das Abonnement Gleis 7, das jungen Menschen bis 25 Jahren die freie Fahrt zwischen 19 Uhr abends und 5 Uhr morgens ermöglicht, wird um 30% teurer. Es kostet ab Dezember 129 CHF statt wie bisher 99, teilten der Verband öffentlicher Verkehr (VöV) und die SBB am Dienstag mit.

Auch Gemeindetageskarten teurer
Ueli Stückelberger, der neue VöV-Direktor, relativierte vor den Medien in Bern diese Preiserhöhung. In absoluten Zahlen betrage diese weniger als 10 Rappen pro Tag. Ausserdem sei es die erste Preiserhöhung seit über 10 Jahren. Teurer werden auch die beliebten Gemeindetageskarten. Weil die Erträge nur gut einen Drittel der Kosten decken, erhöht die SBB den Preis um 8,8%. Jeannine Pilloud, die neue Leiterin Personenverkehr SBB, erklärte, diese Karte sei ein Einsteigerangebot und dürfe nicht ein Abo zum Dumpingpreis werden. Insgesamt steigen die Preise des öffentlichen Verkehrs ab kommenden Dezember um durchschnittlich 1,5%. Dies sei ein moderater Anstieg, betonten die Verantwortlichen wiederholt. Erhöht werden die Preise punktuell.

Verursacherprinzip

«Die Erhöhungen erfolgen nach dem Verursacherprinzip», schreiben VöV und SBB. Sie erfolgten dort, wo der Kostendeckungsgrad ungenügend sei, «wo der Kunde mehr fährt als er bezahlt», erklärte Pilloud. Dies ist gemäss Berechnungen der SBB in der 1. Klasse der Fall. 1.-Klass-Passagiere können gebührenfrei Geld wechseln, günstiger Velos und Autos mieten oder billiger das Mobility-Angebot nutzen. Und sie geniessen in den Zügen mehr Komfort. Leistungen wie Wireless oder Lounges müssten mitbezahlt werden, sagte Pilloud. Deshalb steigen die Tarife beim 1.-Klasse-GA-Sortiment um durchschnittlich 4,3%, die Tarife für 2.-Klasse-GA erhöhen sich um durchschnittlich 1,7%. Das GA für die 2. Klasse kostet künftig 50 CHF mehr (+1,5%) und dasjenige für die 1. Klasse 200 CHF mehr (+3,9%).

Ticketpreise für Billette der 2. Klasse unangetastet
Das 1.-Klasse-GA für Senioren verteuert sich um 5%, dasjenige der 2. Klasse um 2%. Das GA Junior und das GA für Studierende wird in der 2. Klasse um 2,1% teurer. Nutzerinnen und Nutzer des Familien-Partner-GA müssen in der 1. Klasse 5,2% und in der 2. Klassen 2,7% mehr bezahlen. Die Billettpreise für die 1. Klasse werden durchschnittlich 3% teurer. Hingegen bleiben die Ticketpreise für Billette der 2. Klasse unangetastet. Die SBB erhöhe die Preise dieses Jahr nur um das Nötigste, sagte Pilloud. Man wolle derzeit keine Reserven anhäufen und die Finanzierungsstrategie abwarten.

Phänomen Krankenkassenprämien verhindern
Um das Phänomen Krankenkassenprämien im öffentlichen Verkehr zu vermeiden, erarbeitet die Branche laut Stückelberger derzeit eine Strategie, wie die Preise in Zukunft erhöht werden sollen und ab wann diese wieder stagnieren werden. Diese Strategie soll im Sommer oder Frühherbst präsentiert werden. Die Frage nach dem Grund der moderaten Erhöhung stellte sich, weil einerseits SBB-Chef Andreas Meyer regelmässig notwendige Preiserhöhungen von durchschnittlich 3% in Aussicht gestellt hat und andererseits Bundesrätin Doris Leuthard ankündigte, der Ausbau der Bahninfrastruktur müsse auch von den Kunden bezahlt werden.

SKS kritisiert Tariferhöhungen als «beliebig»
Der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) warnt denn auch vor weiteren Tariferhöhungen: Geplant ist, dass die SBB dem Bund ab 2013 zur Benützung der Schiene 200 Mio CHF mehr bezahlen muss – per 2017 weitere 100 Mio. Werden diese Mehrkosten auf die Bahnfahrenden abgewälzt, steigen die Billettpreise alleine deswegen um rund 10%. Die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) kritisiert die Tariferhöhungen als «beliebig» und fordert «statt kaum nachvollziehbare und scheibchenweise Tariferhöhungen» ein längerfristiges Finanzierungskonzept und Transparenz. (awp/mc/upd/ps)

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