Parmelin warnt vor globalen Folgen bei Sanktionen im Rohstoffhandel
Bern – Bundesrat Guy Parmelin hat vor globalen Folgen bei Sanktionen im Rohstoffhandel gegen Russland gewarnt. «Ich bin dagegen, dass wir Massnahmen ergreifen, die andernorts zu neuen Problemen führen und die globale Krise weiter verschärfen», sagte er in einem Interview. Er verteidigte den Zeitpunkt für den Einstieg der Schweiz bei den Sanktionen.
Ergreife die EU Massnahmen beim Rohstoffhandel, müsse der Bundesrat das sorgfältig analysieren und auch globale Nebenwirkungen einbeziehen, sagte der Schweizer Wirtschaftsminister der «Schweiz am Wochenende» (Samstag) und in der Sendung «Samstagsrundschau» von Radio SRF. Er rate beim Rohstoffhandel «zur Vorsicht».
«Denn es geht hier nicht nur um Öl und Gas, es geht auch um Nahrungsmittel», erklärte der Wirtschaftsminister. Länder wie Jordanien, Tunesien und Ägypten würden 50 bis 90 Prozent ihres Bedarfs an Getreide aus der Ukraine oder Russland beziehen. «Sind wegen eines Embargos die Schiffe blockiert, sind viele Länder im Nahen Osten von Hunger und einer Destabilisierung bedroht.»
Ukrainische Ernte wichtig
Der SVP-Politiker forderte einen möglichst raschen Waffenstillstand in der Ukraine. «Nicht nur wegen der Kriegsopfer. Sondern auch, weil wir sonst Gefahr laufen, dass die Saat in der Ukraine nicht rechtzeitig ausgebracht werden kann. Ein Ernteausfall in diesem Jahr hätte schwerwiegende Folgen für die weltweite Getreideversorgung», erklärte er in der Zeitung.
Der Schweiz kommt im russischen Rohstoffhandel eine wichtige Rolle zu. Ungefähr 80 Prozent des Rohstoffhandels Russlands erfolgen laut Angaben der Schweizer Botschaft in Moskau über die Schweiz. Über den Rohstoffhandel, namentlich von Öl und Gas, fliessen jeden Tag Millionengelder dem russischen Staat zu.
Viel Analysearbeit
Im Gespräch mit Radio SRF erklärte Parmelin das vermeintliche Zögern des Bundesrats bei der Übernahme der EU-Sanktionen. Da viele Rechtsbereiche betroffen waren, hätten hunderte von Seiten in verschiedenen Dossiers analysiert werden müssen.
Die Landesregierung habe die Sanktionen der EU gegen Russland nach Ausbruch des Kriegs am 24. Februar sorgfältig geprüft. Die Situation habe sich signifikant von jener nach der Annexion der Krim 2014 unterschieden. Zunächst habe es nach einem regionalen Konflikt in der Ostukraine ausgesehen. Dann habe der Bundesrat aber rasch reagiert.
Viele Unternehmen hätten zudem bereits aus eigenem Antrieb die Sanktionen vollzogen, weil sie rechtliche Risiken befürchteten, sagte Parmelin weiter.
Über die Höhe der russischen Guthaben, die in der Schweiz nun eingefroren werden, konnte Parmelin nichts sagen. Dafür sei es zu früh. In der nächsten Zeit sollte das Staatssekretariat für Wirtschaft aber Zahlen vorlegen können.
Dass die Durchsetzung der Sanktionen von der Landesregierung überwacht wird, sei selbstverständlich, sagte Parmelin auf die Forderung des links-grünen Parteispektrums nach einer Task Force für Gelder von kremlnahen Oligarchen. Deren Strukturen würden durchleuchtet. (awp/mc/pg)