Zürich – Die Schweizer Wirtschaft dürfte laut wichtigen Frühindikatoren an Fahrt gewinnen. Der Einkaufsmanager-Index PMI und das KOF-Konjunkturbarometer sind im Juni deutlich gestiegen. Für Ökonomen kommt dieser Anstieg nicht überraschend. Er bestätigt eine Erholung im Windschatten der anziehenden europäischen Konjunktur.
Der sogenannte Purchasing Manager’s Index (PMI, saisonbereinigt) legte im Juni zu um 4,5 auf 60,1 Zähler, wie die Credit Suisse am Montag mitteilte. Sie erhebt den Index gemeinsam mit procure.ch. Der PMI erreichte damit den höchsten Stand seit Februar 2011. PMI-Werte über 60 seien bisher nur in den Boomzeiten der Industrie erreicht worden, schreibt die Grossbank.
Delle im April
Der PMI gehört gemeinsam mit dem KOF-Konjunkturbarometer zum wichtigsten Vorlaufindikator für die Schweizer Wirtschaftsentwicklung. Auch laut jenem Indikator stehen die Zeichen auf Wachstum: Im Juni stieg das letzte Woche veröffentlichte Barometer um 3,5 Punkte auf 105,5 Zähler und lag damit klar über dem langfristigen Mittelwert.
Beide Indikatoren waren noch im Mai und April gesunken, wobei sie weiterhin über dem langfristigen Durchschnitt notierten und Wachstum anzeigten.
Im Windschatten des europäischen Aufschwungs
Anders als der Rückgang im Frühjahr komme nun der Anstieg nicht überraschend, sagte ZKB-Ökonomin Cornelia Luchsinger gegenüber AWP. Der Höchststand des PMI sei ein gutes Zeichen und bestätige die Prognose der ZKB einer soliden Wirtschaftsentwicklung. «Die Schweizer Wirtschaft zieht im Windschatten der stärkeren europäischen Konjunktur an», sagte Luchsinger weiter.
Ähnlich klingt es auch von der Konjunkturforschungsstelle KOF: «Der Anstieg steht im Einklang mit unserer Konjunktursicht, wonach die Schweizer Wirtschaft im Jahresverlauf an Schwung gewinnt», sagte KOF-Ökonom Klaus Abberger.
Dieses Bild wird auch von dem ebenfalls am Montag veröffentlichten PMI der Eurozone bestätigt: Dieser stieg im Juni ebenfalls so kräftig wie seit sechs Jahren nicht mehr. Der Einkaufsmanagerindex kletterte um 0,4 auf 57,4 Punkte, wie das Markit-Institut am Montag zu seiner monatlichen Umfrage unter 3000 Firmen mitteilte.
Erholung gewinnt laut KOF an Bandbreite
Einen Wermutstropfen sieht die ZKB-Ökonomin beim Schweizer Aussenhandel: Dieser legt zwar zu, der Anstieg beschränkt sich aber auf wenige Branchen, beziehungsweise vor allem auf die Pharmabranche. Allerdings zeigte sich zuletzt etwa auch der Branchenverband Swissmem zuversichtlicher.
Laut Einschätzung der KOF gewinnt die Erholung in der Schweiz an Breite. «Allerdings ergibt sich nun ein etwas merkwürdiges Bild», sagte Abberger. Die inlandorientierten Industrieunternehmen erholten sich nicht. Diese litten weiterhin unter dem Wettbewerbsdruck durch europäische Konkurrenten, während Exportunternehmen vom Aufschwung in Europa profitierten.
Die Branche mit den grössten Schwierigkeiten bleibe der Detailhandel, sagte Abberger. Trotz jüngst positiven Signalen sei dieser noch nicht über dem Berg. Andere Dienstleister hingegen machen sich laut dem Schweizer Einkaufsmanager-Index auf gute Geschäfte gefasst: Wie der Industrie-PMI konnte auch der PMI für den Dienstleistungsbereich im Juni zulegen. Er kletterte von 62,6 auf 63,0 Zähler. Auch er weist damit einen historisch hohen Stand auf und bewegt sich deutlich oberhalb der Wachstumsschwelle.
Schwaches erstes Quartal
Die starken Vorlaufindikatoren nähern nun die Erwartung, dass die Schweizer Wirtschaft nach einem eher schwachen ersten Quartal schneller in die Gänge kommt. «Ich rechne mit einem stärkeren zweiten Quartal», sagte ZKB-Ökonomin Luchsinger.
Das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal war für viele Konjunkturauguren enttäuschend ausgefallen. Das reale Bruttoinlandprodukt (BIP) wuchs im ersten Quartal gegenüber dem Vorquartal um 0,3%. Der Zuwachs lag am unteren Rand der Erwartungen: Ökonomen hatten ein Plus zwischen 0,3 bis 0,6% erwartet.
In der Folge hatte etwa die Expertengruppe des Bundes ihre Wachstumsprognose für 2017 um 0,2 Prozentpunkte auf 1,4% gesenkt. Auch die KOF senkte ihre Wachstumserwarten von 1,5 auf 1,3%. In den Berechnungen sei ein stärkeres erstes Quartal einkalkuliert gewesen, erklärte Abberger.
Die ZKB erwartet in diesem Jahr weiterhin ein Wirtschaftswachstum von 1,6%. Sie gehört gemeinsam mit dem Wirtschaftsverband Economiesuisse (+1,7%) und den Westschweizer Konjunkturforschern der Créa (+1,7%) zu den optimistischeren Konjunkturauguren. Allerdings aktualisierten die ZKB und die Créa ihre Prognosen zuletzt Ende Mai, also noch bevor am 1. Juni das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal veröffentlicht wurde. Laut Luchsinger hält die ZKB allerdings an ihrer Vorhersage fest. (awp/mc/upd/ps)