Preisüberwacher spürt angesichts der Teuerung Sorgen der Bevölkerung
Bern – Preisüberwacher Stefan Meierhans hat im vergangenen Jahr erneut mehr Meldungen von Bürgerinnen und Bürgern erhalten – insgesamt 2775. In rund einem Fünftel der Fälle betrafen diese die Energiepreise. Besonders in der Pflicht sieht er in Zeiten der Teuerung die staatsnahen Unternehmen.
Meierhans präsentierte seine Jahresbilanz am Montag in Bern. Im Vorjahr waren beim Preisüberwacher noch 2368 Bürgermeldungen eingegangen. Seit Ende 2021 habe sich die Anzahl an Bürgermeldungen beinahe verdoppelt, hiess es in einer Medienmitteilung zu der Medienkonferenz. Allein zum bereits rekordträchtigen Vorjahr resultierte 2023 ein Plus von 17 Prozent.
Die Entwicklung sei Ausdruck von wachsenden Sorgen und Unmut in der Bevölkerung über die steigenden Lebenshaltungskosten, erklärte Meierhans. Die Umsetzung von Massnahmen gegen die Hochpreisinsel Schweiz habe für grosse Teile der Bevölkerung eine weit grössere Dringlichkeit, als es der Landesindex der Konsumentenpreise vermuten lasse.
Am häufigsten, nämlich in 20,4 Prozent der Fälle, ging es bei den Bürgermeldungen an den Preisüberwacher um den Bereich Energie. Auf Platz zwei der Rangliste folgte das Gesundheitswesen mit einem Anteil von 13,4 Prozent, mit grossem Abstand vor dem öffentlichen Verkehr, auf den 5 Prozent der Meldungen entfielen.
Höhere Margen für Raffinerien
Beim Strom sieht der Preisüberwacher denn auch Möglichkeiten, Kosten zu senken. Seit Jahren zahlten Bevölkerung und Wirtschaft deutlich überhöhte Nutzungsgebühren, beklagte er. Es gehe pro Jahr um einen dreistelligen Millionenbetrag.
Was die Benzin- und Dieselpreise betrifft, untersuchte der Preisüberwacher die Höhe der Margen von Raffinerien und Tankstellen. Der Preisanstieg lasse sich nicht vollständig durch gestiegene Rohölpreise erklären, hielt er dazu fest. Sicher sei, dass es bei den Raffinerien Margenzuwächse gegeben habe. Ob es sich um eine temporäre Störung des Marktmechanismus oder um ein nachhaltiges Phänomen handle, werde weiter untersucht.
Einigung mit Post und ÖV-Anbietern
Als wesentliche Ergebnisse seiner Arbeit nannte der Preisüberwacher im Communiqué die Einigungen mit der Post und der ÖV-Branchenorganisation Alliance Swisspass. Im Falle der Post hätten geplante Preiserhöhungen um 40 Prozent reduziert werden können.
Die Post hatte im vergangenen Juli angekündigt, auf Anfang 2024 die Tarife für Briefe und Pakete zu erhöhen. Seit Beginn des Jahres kosten A- und B-Post-Briefe je 10 Rappen mehr, die Preise für Priority- und Economy-Pakete stiegen um je 1,50 Franken.
Was die Preise im öffentlichen Verkehr angeht, hob Meierhans hervor, unter anderem habe man eine finanzielle Überbelastung von Inhaberinnen und Inhabern eines 2. Klasse-Generalabonnements verhindern können. Seit dem Fahrplanwechsel kostet das 2. Klasse-GA 3995 Franken, Alliance Swisspass wollte ursprünglich eine Preiserhöhung auf 4080 Franken.
«Grösste Zurückhaltung»
Auch von der öffentlichen Hand selbst forderte der Preisüberwacher nach eigener Aussage angesichts der Teuerung «grösste Zurückhaltung und Augenmass» bei der allfälligen Erhöhung von Gebühren für Wasser, Abwasser und Abfall nahe. Gewinne bei Gebühren seien nicht statthaft. Erfreulich sei, dass viele der Empfehlungen Gehör gefunden hätten.
Wie in vergangenen Jahren mahnte Meierhans zudem, Systemfehler im Gesundheitswesen zu eliminieren und beispielsweise eine Senkung der Medikamentenpreise auf das Niveau anderer europäischer Staaten anzustreben. 2023 habe er im Gesundheitswesen Massnahmen im Umfang von einer Milliarde Franken empfohlen – mit dem Ziel, den Anstieg der Krankenkassenprämien zu bremsen.
Gesetzgeber gefordert
Ob sich die im Gesundheitswesen und am Strommarkt georteten Potenziale realisieren lassen, liege indessen in den Händen des Gesetzgebers, sagte Meierhans. Mitte Jahr will der Preisüberwacher einen zweiten Kaufkraftgipfel einberufen. Nach einer ersten Runde mit der Konsumentenseite soll diesmal auch die Wirtschaft teilnehmen.
Zudem unterzieht der Preisüberwacher die Auswirkungen der Mehrwertsteuererhöhung auf die Preise einem Monitoring und nimmt die Detailhandelspreise unter die Lupe, wo Missbräuche nicht auszuschliessen sind. 2024 verfügt die Preisüberwachung über drei zusätzliche Stellen und damit über 20 Vollzeitstellen. (awp/mc/pg)