Presseschau: Schweiz leidet laut Politikanalyst unter «Wachstumsschmerzen»

Presseschau: Schweiz leidet laut Politikanalyst unter «Wachstumsschmerzen»
Politikanalyst und Sotomo-Geschäftsführer Michael Hermann. (Bild: Sotomo)

Bern – Politikanalyst Michael Hermann sieht im Nein zum Autobahnausbau einen Triumph des ökologischen Lagers. «Wir sehen in unseren Befragungen deutlich, dass die Schweiz unter Wachstumsschmerzen leidet», sagte Hermann in einem Interview mit den «Tamedia»-Zeitungen.

Viele Menschen hätten demnach das Gefühl, das Land wachse zu schnell und fürchteten vor einer immer graueren, zubetonierten Schweiz, sagte Hermann weiter. Auch das Geld könne eine zentrale Rolle gespielt haben: In Zeiten des Sparens überlege man es sich doppelt und dreifach, ob es diese Milliardeninvestition in die Strassen brauche.

Das knappe Ja zur Gesundheitsvorlage Efas (einheitliche Finanzierung ambulant/stationär) bezeichnete der Politikanalyst als «eine kleine Sensation». Er deutete es als starkes Argument gegen die These, dass zwischen Bevölkerung und Politik eine Vertrauenskrise herrscht.

Das doppelte Nein zu den Mietvorlagen könne als Votum gegen die steigenden Mietpreise und für einen ausgebauten Mieterschutz verstanden werden, wird Hermann weiter zitiert. Allerdings zeichne sich ab, dass es zumindest für die steigenden Mieten keine einfache Lösung geben werde.

«Klatsche für die Immobilien-Lobby»
Mit 52,7 Prozent Nein lehnte das Stimmvolk die sechs von Bundesrat und Parlament verabschiedeten Autobahn-Ausbauprojekte ab. Eine links-grüne Allianz setzte sich durch, die gegen den Bundesbeschluss der eidgenössischen Räte das Referendum ergriffen hatte. Sie forderte nach der Ablehnung, das frei werdende Geld müsse nun für den öffentlichen Verkehr, Velowege und den Klimaschutz eingesetzt werden.

Beim Doppel-Nein zu den Mietrechts-Vorlagen sprach der Mieterverband von einer «Klatsche für die Immobilien-Lobby». Mit 53,8 Prozent der Stimmen abgelehnt wurden Erleichterungen für Vermieterinnen und Vermieter beim Anmelden von Eigenbedarf. Und mit 51,6 Prozent sagten die Stimmenden Nein zu strengeren Regeln für das Untervermieten von Wohn- und Geschäftsräumen.

Gutgeheissen wurde hingegen der einheitliche Finanzierungsschlüssel für alle von der Grundversicherung mitbezahlten Leistungen, die komplexeste Vorlage vom Wochenende. 53,3 Prozent sagten zur von Gewerkschaften und SP bekämpften Vorlage Ja, und die Befürworter erwarten, dass nun ein Systemfehler korrigiert wird. Ab 2028 werden die Krankenkassen gut drei Viertel der Kosten aller Behandlungen und die Kantone ein knappes Viertel tragen müssen. (awp/mc/ps)

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