Pressestimmen zum Nein zu den CS-Garantien
Zürich – Diverse Medien haben sich zum Nein des Parlaments zu den Garantien des Bundes im Zusammenhang mit der CS-Übernahme geäussert. Eine Auswahl:
FINANZ UND WIRTSCHAFT: «(…) Das sture Nein einer Mehrheit des Nationalrats sendet schwerwiegende Signale aus. Die Ablehnung kommt einem Misstrauensvotum der beiden Polparteien gegenüber dem Bundesrat und der Finanzdelegation gleich, zumal SP und SVP dort vier von sieben respektive die Hälfte der Vertreter stellen. Mehr noch: Die UBS wird sich wappnen müssen. Zur ‹Vernunftehe› gezwungen, wird sie sich, darauf deuten die Voten während der Sondersession hin, auf ein engeres, aber nicht unbedingt zielführenderes Regulierungskorsett einzustellen haben.»
BLICK: «(…) Statt sich bereit für Kompromisse zu zeigen, stellten Linke und SVP auf stur und gingen mit markigen Voten auf Wählerfang. Wenn nichts auf dem Spiel steht, ist es leicht, mutig zu sein. Mit Trötzeln kommt man allerdings nicht weiter. Es ist verständlich, dass das Parlament seinem Ärger Luft machen wollte (…). Doch um wirklich zu verhindern, dass es erneut zu einem Banken-Debakel kommt, ist Politik gefragt statt Polemik. Wahlkampf macht man mit Maximal-Forderungen. Für Politik brauchts Kompromissbereitschaft – auch im Wahljahr.»
TAGES ANZEIGER: «Man spürt: Es ist Wahljahr. Nur kommt man so politisch nicht vorwärts. Mehr noch: Das Parlament sendet Signale des Misstrauens aus – wenige Wochen nachdem der Bund mit einem dreistelligen Milliardenbetrag einen Bank Run gestoppt hat. Mit ihrem Widerstand unterlaufen SP, Grüne und SVP die Strategie des Bundesrats, um jeden Preis Stabilität zu garantieren. Gleichzeitig tickt die Uhr. Die Verschmelzung von CS und UBS ist bereits im Gang, ohne dass die Schweiz Antworten auf den Umgang mit der neuen Riesenbank hat. Die Empörung des Parlaments ist darum vor allem auch als Signal an Bundesrat und Verwaltung zu lesen, so schnell wie möglich Antworten zu liefern, wie man die neue UBS unter Kontrolle kriegen will.»
NEUE ZÜRCHER ZEITUNG: «Die Ablehnung des CS-Kredits im Nationalrat ist grösstenteils Polittheater. Dahinter steckt allerdings eine ernste Frage: Will und kann sich die Schweiz eine einheimische Grossbank und einen internationalen Finanzplatz leisten? Die Politik sollte aufpassen, dass sie das Kind nicht mit dem Bade ausschüttet. Das Nein der meisten Nationalräte der Polparteien SP, Grüne und SVP zu den Garantien für die Credit Suisse (CS) und UBS war wohl grösstenteils Heuchelei. Die Parlamentarier wussten, dass ihre Ablehnung unmittelbar folgenlos bleibt, weil der Bundesrat die Garantien per Notrecht rechtsgültig gesprochen hat. Also konnten sie volksnah ihrem Zorn über verantwortungslose Banker freien Lauf lassen und mit Blick auf die nächsten Wahlen mehr Klimapolitik im Finanzwesen oder eine Abspaltung ausländischer Geschäfte fordern. Der weitverbreitete Unmut über die staatlich orchestrierte Übernahme der CS durch die UBS ist allerdings durchaus nachvollziehbar. Zum Wesen einer Marktwirtschaft gehört, dass Eigner eines Unternehmens den Schaden tragen müssen, wenn ihr Unternehmen schlecht wirtschaftet. Entsteht der Eindruck, dass bei gewissen Firmen Gewinne privatisiert und Verluste dem Steuerzahler übertragen werden, unterminiert das die Marktwirtschaft.»
AARGAUER ZEITUNG: «(…) Der Nationalrat hat in der ausserordentlichen Session zum Ende der Credit Suisse versagt. Der Kompromiss zwischen National- und Ständerat nahm die berechtigten Befürchtungen vor einer allzu grossen UBS auf – und sah einen substanziellen Auftrag an den Bundesrat vor, das Bankengesetz entsprechend anzupassen. Der Profilierungsdrang der Parteien war sechs Monate vor den nationalen Wahlen aber stärker als die Bereitschaft, auf die Lösung eines Problems hinzuarbeiten. Also ergingen sich die Parlamentarierinnen und Parlamentarier in Empörung über unfähige CS-Manager und über die möglicherweise allzu zahme Aufsicht über den Finanzmarkt. Dabei lautet die zentrale Frage: Wie kann man künftig verhindern, dass eine scheiternde Grossbank die ganze Schweizer Wirtschaft in den Abgrund reisst? Der Nationalrat hat hier rein gar nichts erreicht.»
SÜDOSTSCHWEIZ: «(…) Der Entscheid des Nationalrats ist nicht das Papier wert, auf das er gedruckt wird. Der Bundesrat hat die Hilfsgelder gesprochen, mit Notrecht. Der Bundesrat hat damit vielleicht nicht den besten Entscheid gefällt, aber er hat im kleinen Zeitfenster, das ihm zur Verfügung gestanden hat, einen Entscheid gefällt. Dafür steht dem Bundesrat Lob zu. (…) Das Nein zeigt eine Diskrepanz zwischen den Banken und der Politik auf, die es während Jahrzehnten zuvor nie gegeben hat. Es zeigt ein Misstrauen gegenüber der Finanzbranche auf, das bisher nicht mehrheitsfähig war. Und so verschieden die Motive der verschiedenen Parlamentarierinnen und Parlamentarier gewesen sein mögen: Das Nein zeigt, dass die Schweiz die Risiken, welche nicht vorhersehbar und auch nicht abzuwenden sind, nicht länger tragen will.»
LA LIBERTÉ: «Mit ihrer Weigerung, die Kredite für die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS zu genehmigen, hat sich die Mehrheit des Nationalrats in den Rang einer verantwortungslosen Kaste von Managern der untergegangenen Bank erhoben. Die Abstimmung hatte zwar nur symbolische Bedeutung, da die 109 Milliarden, die bewilligt werden sollten, bereits gebunden waren. Aber was ist das Signal, das ausgesendet wird? Zunächst einmal ist es eine Ohrfeige für den Bundesrat, der, wenn man die Abstimmung wörtlich nimmt, die Bank in den Konkurs hätte gehen lassen müssen, selbst wenn er damit die gesamte Schweizer Wirtschaft und sogar die gesamte globale Finanzwelt mit in den Abgrund gerissen hätte. (…) Es stimmt, dass die Garantien unzureichend waren, eine wirksame Gesetzgebung zu schaffen, um einen neuen Bankencrash zu verhindern. Die Befürchtungen, dass nach dem Abkühlen des Soufflés schnell wieder zum Business as usual übergegangen wird, sind begründet. Aber was haben die drei Parteien noch erreicht, als sie das Projekt zu Fall brachten? Nichts, nur das Fehlen jeglicher Versprechen, selbst wenn sie nur deklamatorisch sind. Was für ein trauriges Schauspiel!»
LE TEMPS: «(…) Natürlich kann man einigen Parteien vorwerfen, dass sie den Absturz der Credit Suisse ausnutzen wollten, um im Wahljahr zu punkten. Doch dies ist nicht das Wesentliche. Das Wesentliche ist die künftige Beziehung der Schweiz zu ihrem Finanzplatz zum allgemeinen Wohl des Landes, seiner Einwohner und seiner Realwirtschaft (…). Das Parlament (…) muss mindestens zwei Wege einschlagen: Die Finma als Aufsichtsorgan muss sowohl personell als auch hinsichtlich ihrer Kompetenzen gestärkt werden. Die Boni von Managern sollten strenger reguliert werden, indem sie bei hohen Verlusten rückwirkend zurückgefordert werden. Die Ablehnung im Nationalrat zeigt eine beginnende Einsicht, dass eine strengere Aufsicht über eine Mega-Bank für den Wohlstand der Schweiz von entscheidender Bedeutung ist. Nun müssen noch konkrete Massnahmen beschlossen werden. Angesichts der mächtigen Bankenlobby wird dies viel politischen Mut erfordern. An dem man angesichts des Zauderns in dieser Sitzungsperiode zweifeln kann.» (awp/mc/ps)