Logo der umstrittenen Gruppierung «We are change».
Bern – Die Proteste der Empörten schwappen auf die Schweiz über. Für Samstag sind in vier Städten Aktionen geplant. Die Besetzer wehren sich gegen das Finanzsystem und die politische Elite. Eine Lausanner Politologin warnt: Ausserhalb des Politsystems könne die Bewegung ihre Forderungen nur schwer durchsetzen. Als Vorbild dienen den Aktivisten die Proteste gegen die Wall Street in den USA. Wie in New York soll im Rahmen des internationalen Aktionstags vom (morgigen) Samstag auch in London, Brüssel und Berlin protestiert werden – und in der Schweiz.
Die «Empörten», wie sie genannt werden, wollen ihrem Ärger in Zürich, Bern, Basel und Genf Luft machen. Sie kritisieren die Banken, das Wirtschaftssystem an sich, aber auch die etablierte Politik. In Zürich soll der symbolträchtige Paradeplatz besetzt werden. David Roth, Präsident der mit organisierenden JUSO, rechnet mit 1000 bis 1500 Teilnehmern. Noch nicht bestätigt ist ein allfälliger Auftritt des ehemaligen Genfer SP-Nationalrats und Globalisierungskritikers Jean Ziegler. Laut Roth soll es ein friedlicher Anlass werden.
Keine Bewilligung in Zürich, Bern und Basel
Wer die offizielle Verantwortung hat, ist unklar. Neben den JUSO sind voraussichtlich auch die Grünen dabei, während sich die Piratenpartei von der Aktion distanziert hat. Auch die umstrittene Gruppe «We are change» und die Bewegung «Echte Demokratie jetzt» rufen zur Besetzung auf. Wie aus der Website von «We are change» hervorgeht, bezweifelt die Gruppierung unter anderem die offizielle Geschichtsschreibung zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 und den Zusammenhang von Klimawandel und menschlichen CO2-Emissionen. Bewilligt ist die Aktion in Zürich ebenso wenig wie jene in Bern und in Basel. Wie die Verantwortlichen der drei Polizeien auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda sagten, sind bis Freitagmorgen keine Gesuche eingegangen. Bewilligt ist einzig die Demonstration in Genf.
Forderungen klar formulieren
In diesen Protesten zeige sich die Kritik am Wirtschaftssystem und das Infrage stellen der politischen Autoritäten – insbesondere deren Zugeständnisse an die Wirtschafts- und Finanzeliten. Das sagte die in Lausanne lehrende Politologin Florence Passy zur Nachrichtenagentur sda. Für diese Form der Kritik gebe es im Rahmen der etablierten Politik wenig Platz. Professorin Passy erkennt in der Occupy-Bewegung ein ganzes Bündel an Organisationen ohne klar definierte Forderungen. Diese Netzwerke müssten sich nun besser organisieren und «ihre Forderungen klar und verständlich formulieren», sagte sie. Auch politische Kontakte seien notwendig – auch wenn die Empörten das Unvermögen der Politiker anprangern. «Wenn sie völlig ausserhalb des Systems bleiben, wird es für sie schwierig, ihre Forderungen durchzusetzen.» (awp/mc/ps)