Bülach – Die Werbevermarkterin Publicitas ist am Ende. Sie hat am Freitag beim Bezirksgericht Bülach Konkurs angemeldet, wie der Sachwalter mitteilte. Ein Rettungsversuch mit neuem Geschäftsmodell scheiterte an den Verlegern. Sachwalter Urs Boller bestätigte am Morgen gegenüber der Nachrichtenagentur SDA eine erste Meldung des Medienportals Klein Report. Er selbst habe Konkurs beantragt, und auch Publicitas habe das getan. Den Antrag habe das Gericht am Nachmittag gutgeheissen.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhielten an Auffahrt eine Einladung zu einer Skype-Konferenz am Freitagmorgen. Die Unternehmensleitung war nicht für eine Stellungnahme erreichbar.
Zu wenig Interesse an neuem Geschäftsmodell
In einem Rettungsversuch hatte Publicitas die Verleger noch am Mittwoch zu einem Treffen gebeten. Danach verschickte das über 125-jährige Traditionsunternehmen ein Communiqué, worin es hiess: «Publicitas kämpft um 800 Verlegerstimmen.» Da die Antworten ausblieben, verlängerte Publicitas die Frist für Stellungnahmen vom 10. auf den 14. Mai. Nun erwies sich vor Fristablauf, dass zu wenige Verlage Interesse am neuen Geschäftsmodell zeigten.
Publicitas hatte am 3. Mai provisorische Nachlassstundung beantragt. Das neue Geschäftsmodell war Teil des Sanierungsplans. Kern bildete ein Kommissionsmodell, welches die Risiken für die Medienhäuser mindern sollte. Auch ein Schuldenschnitt sollte erfolgen. Zudem sollten sich die Verlage künftig zu insgesamt 50 Prozent an der Publicitas beteiligen.
Rechtsstreit absehbar
Um die Hinterlassenschaft von Publicitas dürfte der eine oder andere Rechtsstreit entbrennen. Der Ringier-Verlag hat bereits eine Klage eingereicht. Sie richtet sich gegen eine Abtretungsvereinbarung für Forderungen zwischen der Publicitas und der Finanzgesellschaft Thalos aus Luxemburg, wie Kommunikationschef René Beutner eine Meldung der Online-Ausgabe der «Handelszeitung» vom Freitag bestätigte. Die Luxemburger hatten die Abtretungsvereinbarung mit Publicitas zur Garantie eines Restrukturierungskredits von 15 Millionen Franken im Februar abgeschlossen. Thalos ist demnach im Konkursfall gegenüber den anderen Gläubigern bevorzugt.
Ebenfalls einen Abtretungsvertrag mit Publicitas hat das Verlagshaus Tamedia. Wie Tamedia-Sprecher Christoph Zimmer mitteilte, besteht der Vertrag bereits seit 2016, als die Vertragserneuerung anstand und der Zahlungsfluss stockte. Ob Medienunternehmen deswegen gegen den Tamedia-Verlag von Verlegerpräsident Pietro Supino klagen, war am Freitag offen. Ringier äusserte sich auf Anfrage der SDA nicht. Zimmer hielt fest, die Vereinbarung mit den Luxemburgern sei mit dem Tamedia-Vertrag nicht vergleichbar. Es gehe darin kaum um Werbeleistungen von Thalos zugunsten von Publicitas.
Nachfolgegesellschaft in Planung
Publicitas war in Schieflage geraten, nachdem immer mehr Verlage die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen beendet hatten. Zuerst war Tamedia ausgestiegen, andere Medienhäuser folgten. Sie alle monierten die schlechte Zahlungsmoral und Ausstände.
Tamedia-Sprecher Zimmer erklärte, die Entwicklung sei für niemanden positiv, auch nicht für Tamedia. Ein Zuwarten hätte die Situation weiter verschlimmert.
Tamedia, NZZ, AZ Medien, der «Corriere del Ticino» und der Verlegerverband Schweizer Medien kündigten nach dem Antrag auf Nachlassstundung für Publicitas an, eine neue Gesellschaft zur Abwicklung von Medienkampagnen zu gründen. Ringier war vorerst nicht an Bord.
Publicitas litt wie die Medienhäuser unter dem markanten Rückgang der Printwerbung. Das Unternehmen schrieb schon mehrfach rote Zahlen, zog sich aus Auslandgeschäften zurück, wurde geschrumpft und umstrukturiert. (awp/mc/pg)