St.Gallen – Raiffeisen ist optimistisch für die Schweizer Wirtschaft im Jahr 2018. Dies vor allem aufgrund der aufgehellten, globalen Konjunkturlage. Auch wenn die Überbewertung des Frankens noch immer auf der Wirtschaft lastet, hat die Aufwertung des Euros für eine gewisse Entspannung gesorgt. Das Ärgste scheint für die Industrie damit überwunden zu sein. Und auch das Gastgewerbe sowie der Detailhandel können 2018 etwas aufatmen.
Die Schweizer Wirtschaft dürfte 2018 ein Wachstum von 2,1 Prozent verzeichnen – gegenüber den zwei eher schwachen Vorjahren eine deutliche Steigerung. Raiffeisen-Chefökonom Martin Neff begründet diese Zuversicht vornehmlich mit dem global intakten Konjunkturklima und insbesondere dem robusten Wachstum in Europa. Die Entspannung auf der Wechselkursseite sei zwar willkommen, doch sei der Franken gegenüber dem Euro nach wie vor massiv überbewertet, um endgültig Entwarnung geben zu können. Da aber die wachstumsseitigen Impulse für die Schweizer Wirtschaft traditionell stärker ausfielen als diejenigen von der Währungsseite, könnten vor allem die exportorientierten Wirtschaftszweige 2018 endlich wieder etwas aufatmen.
Die Inflation wird gemäss Raiffeisen 2018 um 0,6 Prozent zulegen und sich nach 0,5 Prozent im zurückliegenden Jahr weiterhin deutlich unter dem angestrebten Ziel der Schweizerischen Nationalbank (SNB) von 2 Prozent bewegen. Eine Zinsnormalisierung ist daher auch 2018 nicht in Sicht und die Schweizer Wirtschaft muss somit ein weiteres Jahr mit dem Negativzinsregime leben. Konkret rechnet Raiffeisen 2018 mit keiner Zinserhöhung durch die SNB und sieht den Dreimonats-Libor Ende 2018 auf dem jetzigen Niveau von -0,75 Prozent. Bei langen Laufzeiten hingegen ist positives Terrain in Sichtweite. Für zehnjährige Bundesobligationen prognostiziert Raiffeisen auf zwölf Monate einen Zins von 0,5 Prozent.
Endlich breiter abgestützt
Nach dem Währungsschock vom 15. Januar 2015, als die SNB völlig unerwartet die Wechselkursobergrenze fallen liess, lebte der Schweizer Export fast ausschliesslich von den Pharmaausfuhren. Diese werden weiterhin das Gros der Schweizer Warenexporte bestreiten. Andere Branchen befinden sich nun aber auf Erholungskurs. So dürfte die arg gebeutelte Maschinen- und Metallindustrie wieder positive Wachstumsraten verzeichnen, ebenso die Uhrenindustrie. Auch für die weniger gewichtigen Exportzweige wie Chemie, Kunststoff oder Fahrzeugbau zeichnen sich Zuwächse im Export ab. Dank der wiederbelebten Konjunktur in Europa kann auch das Gastgewerbe aufatmen, wobei die Zukunft dieser Branche langfristig im fernen oder nahen Osten liegt. Bei Gästen aus China, Indien, Südkorea, Saudiarabien und auch aus Osteuropa erfreut sich die Schweiz steigender Beliebtheit. Zweifellos sind die deutschen Touristen immer noch das wichtigste Klientel der hiesigen Hotellerie, aber andere Nationen holen kräftig auf. Insgesamt präsentiert sich die Erholung der Schweizer Exportwirtschaft breit abgestützt.
Mehr Wachstum dank Fussball in geraden Jahren
Die kleine offene Volkswirtschaft der Schweiz wird zusehends durch Sondereffekte beeinflusst. So erwirtschaftet der Transithandel schon seit längerem namhafte Wachstumsbeiträge. Die Schweiz ist bekanntlich eine wichtige Drehscheibe im Handel mit Rohstoffen, Edelmetallen und Wertsachen wie Edelsteinen, aber auch Kunst. Zudem führen die grossen internationalen Sportanlässe jeweils in den geraden Jahren zu einem höheren Wachstum. Dies, weil die namhaften Dachorganisationen des internationalen Sports wie FIFA, UEFA oder IOK in der Schweiz angesiedelt sind und deren Einnahmen demzufolge auch hierzulande verbucht werden. Die diesjährige Fussballweltmeisterschaft in Russland generiert demnach Wachstumsimpulse für die Schweizer Wirtschaft. Allerdings verzerrt dies das Bild der Konjunktur. Da sich auch Lagerveränderungen und sogenannte statistische Differenzen in den Schweizer BIP-Zahlen niederschlagen, hält Neff das Bruttoinlandprodukt nicht mehr zwingend für das Mass aller Dinge, wenn es um die Beurteilung der Konjunktur gehe. Dies umso mehr, wenn es sich um die Beurteilung des Konjunkturverlaufs am aktuellen Rand handle.
Soft Landing am Immobilienmarkt, aber nicht für alle
Der Schweizer Immobilienmarkt bleibt gemäss Raiffeisen weiterhin hoch bewertet. Unverändert klammert Neff das Risiko eines Crashs der Eigenheimpreise in seinen Ausführungen aber aus. Das fehlende spekulative Element sei der wichtigste Grund, warum der Markt auch beim erreichten hohen Preisniveau nicht absturzgefährdet sei. Denn im Gegensatz zum Crash der frühen Neunzigerjahre boome heute die Nachfrage echter Nutzer – sprich Wohneigentümer – und nicht etwa die von Spekulanten auf der Suche nach schnellen Gewinnen. Bei kommerziell genutzten Liegenschaften, aber auch bei Renditeliegenschaften im Wohnungsmarkt haben die Risiken 2017 indes zugenommen. Die Einschätzung des Vorjahres, dass der Markt nicht mehr jedes Objekt zu jedem Preis absorbiere, was sich in steigenden Leerständen äussern dürfte, sei mittlerweile Tatsache. Allerdings reagiere auch das Angebot – die Ausweitung sei mittlerweile rückläufig, was auch im Renditeliegenschaftsmarkt insgesamt für ein Soft Landing spreche. Dennoch werde der eine oder andere Anbieter doch hart aufsetzen. (Raiffeisen/mc/ps)