Referenzpreise bei Medikamenten: Gegner verstärken ihre Warnung vor einem Systemwechsel

Referenzpreise bei Medikamenten: Gegner verstärken ihre Warnung vor einem Systemwechsel
Dr. Axel Müller, Geschäftsführer Intergenerika. (Foto: Intergenerika)

Bern – Der „1. Informationslunch der parlamentarischen Gruppe Gesundheitspolitik“ in 2018 heute in Bern stand unter dem Thema „Festbeträge für Medikamente – Vor- und Nachteile“. Wählen in einem Referenz- bzw. Festbetragssystem Arzt und Patient ein teureres Medikament, zahlt der Patient den Differenzbetrag aus eigener Tasche. Zu diesem Thema diskutierten Befürworter und Gegner eines Systemwechsels: Thomas Christen, Leiter Direktionsbereich Kranken- und Unfallversicherung und Vizedirektor Bundesamt für Gesundheit, Rebecca Guntern Flückiger, General Manager Sandoz Pharmaceuticals AG, Dr. Axel Müller Geschäftsführer Intergenerika und Schirmherr der Initiative „Nein zu Referenzpreisen bei Medikamenten“ sowie Vertreter der Krankenkassenverbände – Verena Nold Direktorin von santésuisse, und Pius Zängerle Direktor von curafutura.

Referenzpreise als vermeintliches Sparheilmittel
Während das Bundesamt für Gesundheit mit Unterstützung der Krankenkassen sich von Referenzpreisen bzw. Festbeträgen eine Senkung der Kosten im Bereich der patentabgelaufenen Medikamente und somit der Gesundheitskosten erhoffen, warnen die Gegner, die sich in der 2017 gegründeten Initiative „Nein zu Referenzpreisen bei Medikamenten“ zusammengeschlossen haben, vor einem Pyrrhus-Sieg im Kampf gegen ansteigende Gesundheitskosten. Langfristig – so zeigen es Erfahrungen aus dem europäischen Ausland – steigen die Gesundheitskosten mit Referenzpreisen sogar. Dieser Initiative beigetreten sind gewichtige Akteure des Schweizerischen Gesundheitssystems wie das Schweizerische Patientenforum, die Verbände der Ärzteschaft FMH und Apotheker pharmaSuisse, APA (Ärzte mit Patientenapotheke), scienceindustries, der Wirtschaftsverband Chemie, Pharma, Biotech sowie vips (Vereinigung Pharmafirmen in der Schweiz), die Interessensgemeinschaft Schweizer Pharma KMU, das Bündnis Freiheitliches Gesundheitswesen und der Verband Intergenerika.

Ein Katalog von Argumenten gegen einen Systemwechsel
In seiner Präsentation führte der promovierte Apotheker sowie Pharma- und Generikaexperte Axel Müller die zahlreichen Fakten und Argumente ins Feld, die gegen einen Systemwechsel sprechen. „Bei einem Wegfall der Wahlfreiheit würden Behörden oder Krankenkassen unsere Medikamentenauswahl treffen – das dürfen wir nicht zulassen.“ Die Argumentation der Initiative: Die Krankenkassen haben nur den Fokus auf Kostensenkung, aber nicht auf Qualität, Therapietreue und Versorgungssicherheit. Bei zu niedrigen Preisen wird die Herstellung von Medikamenten für viele Anbieter nicht mehr attraktiv, was zu deren Rückzug aus dem Markt führen kann. Schon heute, so unterstrich Axel Müller in seinen Ausführungen, gibt es in der Schweiz bei rund 200, teilweise lebensnotwendigen Medikamenten Lieferengpässe.

Dynamisch wachsender Sparbeitrag von Generika
„Generika sind die falschen Sündenböcke“ ging Müller in die Offensive. „Seit Jahren wächst der Sparbeitrag der patentabgelaufenen Qualitätsarzneimittel“. Gemäss soeben veröffentlichter Zahlen von bwa consulting, Bern sind im Jahr 2017 in der Schweiz für 1’015 Millionen Franken kassenzulässige Generika verkauft worden, 4,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Im gleichen Zeitraum ist der Verbrauch auf 1’389 Millionen Tagesdosen angestiegen, was einer Zunahme von 3.1 Prozent entspricht. „Somit hat sich der Markt für kassenzulässige Generika zum wiederholten Mal dynamischer entwickelt als der der Erstattungsmarkt insgesamt“ lässt sich der Expertenbericht zitieren. In 2017 betrugen die direkten mit Generika realisierten Einsparungen 415 Mio. Franken, was eine Zunahme um 14% gegenüber dem Vorjahr bedeutet. „Direkte und indirekte Einsparungen zusammengenommen leisten Generika schon heute einen Sparbeitrag von über 1 Mrd. Franken jährlich. Diese Entwicklung belegt eindrücklich, dass das aktuelle Preisfestsetzungssystem nachhaltig funktioniert“ erläuterte Axel Müller in seinen Ausführungen.

Konstruktiver Gegenvorschlag
„Wir sind entschlossen, diesen Sparbeitrag weiter auszubauen“ unterstrich Müller seine Kooperationsbereitschaft. „Anstelle eines Referenzpreissystems machen wir uns jedoch nach dem Motto „Never change a winning formula“ für den Erhalt der definierten Preisabstände zum Originalpräparat und des differenzierten Selbstbehaltes stark, bei dem Patienten schon heute in einem sozial verträglichen Masse ökonomisch in die Pflicht genommen werden.“ Um Generika und deren Sparbeitrag weiter zu fördern, forderte Müller darüber hinaus gleichlange Spiesse bei der Vertriebsmarge. Ärzte und Apotheker dürften bei der Verschreibung beziehungsweise Abgabe von Generika nicht mehr weiter benachteiligt werden. „Unser Motto ist mit Generika sparen und nicht, bei Generika sparen“ schloss Müller seine Ausführungen. (Intergenerika/mc/ps)

Die Initiative „NEIN ZU REFERENZPREISEN BEI MEDIKAMENTEN“ vereint Vertreter und Organisationen zentraler Akteure im Schweizerischen Gesundheitssystem auf freiwilliger Basis im gesamtschweizerischen Widerstand gegen die Einführung eines Referenzpreissystems. www.referenzpreise-nein.ch

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