Zürich – Es sind keine einfachen Zeiten für die Mieternation Schweiz: Der so genannte hypothekarische Referenzzinssatz ist erneut gestiegen. Eine weitere Erhöhung der Mietzinsen in der Schweiz auf breiter Front dürfte die Folge sein.
Konkret ist im Frühjahr 2024 mit einer nächsten Runde von Mietzinserhöhungen zu rechnen. Für die Portemonnaies vieler Menschen bedeutet dies nichts Gutes. Neben der Inflation, höheren Energiekosten und vor allem dem Kostenschub bei den Krankenkassen werden die Geldbeutel im neuen Jahr somit noch weiter geleert.
Der Hauptgrund für den Anstieg der Mieten ist der Mechanismus des Hypo-Referenzzinssatzes. Weil sich die Hypozinsen im Zuge der Zinswende von ihren historischen Tiefstständen gelöst haben, ist nun am (heutigen) Freitag auch der Referenzzinssatz gestiegen – von 1,50 auf 1,75 Prozent.
Bei der Ermittlung des Referenzsatzes stützt sich das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) auf den vierteljährlich erhobenen Durchschnittszinssatz der inländischen Hypothekarforderungen von Schweizer Banken. Dieser ist laut dem BWO im Vergleich zum Vorquartal von 1,59 auf 1,69 Prozent angestiegen. Damit lag er – aufgerundet – nun wieder über der Schwelle für einen Zinsschritt.
Anstieg um 3 Prozent
Nach der Anhebung um 0,25 Prozentpunkte können die Vermieter die Mieten nun um 3 Prozent erhöhen. Voraussetzung dafür ist bei langjährigen Mietverhältnissen aber, dass auch die früheren Senkungen weitergeben wurden.
Zur Erinnerung: Bei Einführung im Jahr 2008 hatte der Satz 3,5 Prozent betragen, danach sank er schrittweise. Laut einer Schätzung der Zürcher Kantonalbank basieren derzeit rund 60 Prozent aller Mietverhältnisse auf dem seit heute nicht mehr aktuellen Referenzzinssatz. Der Anteil der Betroffenen ist damit seit der letzten Erhöhung um etwa 10 Prozentpunkte gestiegen.
Und neben dem Referenzzinssatz dürfen Vermieter auch 40 Prozent der aufgelaufenen Teuerung sowie «allgemeine Kostensteigerungen» weitergeben. Immerhin hat sich die Teuerung in den letzten Monaten wieder etwas abgeschwächt. Zuletzt betrug sie im Oktober 1,7 Prozent und lag damit wieder klar unter der wichtigen Schwelle von 2,0 Prozent, welche die Schweizerische Nationalbank als Limite für die Preisstabilität betrachtet. Trotzdem dürften die Mieten bei vielen Betroffenen aber erneut um mehr steigen als «nur» 3 Prozent.
Kurzfristig wohl letzte Erhöhung
Immerhin dürfte es kurzfristig der letzte Anstieg des Referenzzinssatzes gewesen sein – da sind sich von der Nachrichtenagentur AWP befragte Analysten einig. Zumindest im Jahr 2024 erwarten sie keine weitere Mietzinserhöhung mehr.
Danach ist das Bild für Mieterinnen und Mieter einer aktuellen Prognose der ZKB zufolge aber weniger rosig. Demnach dürfte der Referenzzinssatz bis ins Jahr 2028 auf 2,50 Prozent ansteigen. Dies würde noch einmal drei Mietzinsrunden bedeuten und zwar in den Jahren 2025, 2026 und 2027.
In anderen Szenarien prognostiziert die ZKB sogar einen Anstieg auf bis zu 2,75 oder nur 2,25 Prozent. «Die zukünftige Entwicklung des Referenzzinssatzes ist abhängig von den gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen und ist mit Unsicherheit behaftet,» ordnete ZKB-Chefökonom David Marmet die Bandbreite der Prognosen ein.
Raiffeisen-Chefökonom Fredy Hasenmaile geht derweil von einer mehrjährigen Pause bis vermutlich 2027 beim Referenzzinssatz aus. Da er keine weitere Leitzinserhöhung durch die Nationalbank erwartet, dürfte der dem Referenzzinssatz zugrunde liegende Durchschnittszinssatz nur langsam ansteigen.
Politische Forderungen
Der Bundesrat ist sich der Problematik der steigenden Zinsen für die Konsumentinnen und Konsumenten bewusst. Er will daher kurzfristig umsetzbare Massnahmen ergreifen, um den Anstieg bei den Mieten abzufedern, wie er unlängst ankündigte.
Entsprechende Forderungen an die Landesregierung kamen und kommen vor allem von der politischen Linken. So bezeichnete etwa der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) am (heutigen) Freitag die Belastung der Haushalte durch die immer stärker steigenden Mieten als unerträglich.
Ganz anders sieht man dies – wenig erstaunlich – beim Hauseigentümerverband (HEV): Forderungen mit staatlichen Eingriffen einseitig die Anpassung der Mieten an die gestiegenen Zinskosten der Vermieter zu verbieten, seien völlig verfehlt, schrieb der HEV in einer Mitteilung. Eine solche Abkoppelung zum jetzigen Zeitpunkt würde zu einer ungerechtfertigten Umverteilung zulasten der Vermieter führen. (awp/mc/pg)