Investor Viktor Vekselberg.
Zürich – Der Sulzer-Hauptaktionär Renova hat seinen Anteil erhöht und muss nun den übrigen Aktionären ein Pflichtangebot unterbreiten. Ziel ist aber nicht die Übernahme einer Mehrheit an dem Industriekonzern. Vielmehr will der Investor für sich und Sulzer mehr Flexibilität erreichen und den Weg für Kapitalmassnahmen freimachen – und damit auch für einen möglichen Aktienrückkauf. Die Sulzer-Aktien steigen stark an.
Die Beteiligungsgesellschaft des russischen Investors Viktor Vekselberg hat über ihre Tochtergesellschaft Tiwel Holding ihren Anteil an den Stimmrechten des Unternehmens auf 33,36% von zuletzt 33,2% erhöht. Damit wurde die Schwelle von 33 1/3% überschritten, wodurch das Pflichtangebot an alle Sulzer-Aktionäre rechtlich zwingend wurde.
Übernahmepläne hat Renova aber nicht: «Es besteht keine Absicht, die Firma zu übernehmen», sagte Peter Löscher, CEO und Delegierter des Verwaltungsrates von Renova vor den Medien in Zürich. Die Aktienmehrheit soll in den Händen der unabhängigen Aktionäre bleiben. Der Angebotspreis von 99,20 CHF ist der Durchschnittswert der vergangenen 60 Handelstage und per Zufall auch der Schlusskurs vom vergangenen Freitag. Mit dem börsenrechtlichen Mindestpreis sei die Offerte so ausgestaltet, dass die bisherigen Mehrheitsverhältnisse nicht in Frage gestellt würden.
Kaum Chance für Annahme des Gebots
«Wir haben das Pflichtangebot bewusst so ausgestaltet, dass es für die Aktionäre nicht vorteilhaft ist, ihre Anteile anzudienen», so Löscher. Die Chancen, dass die Pflichtofferte angenommen wird, schätzt er angesichts des Gebotspreises als «höchst gering» ein. Natürlich sei die Offerte jedoch voll durchfinanziert und abgesichert.
Den Zeitpunkt erklärt Löscher mit der seiner Ansicht nach derzeitigen Unterbewertung des Unternehmens. Zudem habe man nun die Möglichkeiten, die Beteiligung an Sulzer flexibel anzupassen. Renova war zuvor mit seiner Beteiligung knapp an der Grenze. Bei einer möglichen Kapitalherabsetzung hätte Renova eine Angebot unterbreiten oder in den Markt hinein Aktien verkaufen müssen. Jetzt habe man den Zeitpunkt selbst bestimmt, sagt Löscher.
Spekuliert wird vor allem in Richtung Aktienrückkauf: «Die Frage, die immer wieder gestellt wird, ist: Was macht Sulzer mit 800 Mio CHF Kapital?», so Löscher. Jetzt habe das Management mehr Flexibilität in Richtung Kapitalmassnahmen und Aktienrückkauf. Zudem soll mit dem Schritt das Vertrauen der Publikumsaktionäre gestärkt werden. Dass dies gelungen sei, belege der Aktienkursanstieg, so Löscher weiter.
Langfristiges Engagement bei Sulzer
Mit dem Pflichtangebot bekenne man sich aber auch zu einem langfristigen Engagement bei Sulzer und unterstütze die Strategie des Konzerns, so der Renova Chef. Diese beruht auf drei Säulen: Neben einer operativen Stärkung und Wachstum, auch durch ergänzende Zukäufe, zähle dazu auch eine Stärkung der Kapitalstruktur.
Der Sulzer Verwaltungsrat hat gemäss eigener Mitteilung vom Montag einen Ausschuss ernannt, um das Gebot zu prüfen und um den Aktionären mit einem Bericht alle erforderlichen Informationen zukommen zu lassen. Die Renova-Vertreter im VR, also VR-Präsident Peter Löscher sowie Marco Musetti, würden sich bei sämtlichen Beratungen und Entscheidungen zum Pflichtangebot der Tiwel Holding enthalten, heisst es weiter. Die Frist zur Andienung der Aktien beginnt am 18. August und endet voraussichtlich am 14. September. Die Nachfrist ist vom 21. September bis 2. Oktober geplant.
Auch die Analysten sehen mit dem Schritt den Weg nun frei für einen Aktienrückkauf bei Sulzer. Die Meldung sei somit für die Aktionäre «Good News», heisst es in Kommentaren. Und die meisten Marktteilnehmer sehen das ebenso: Die Sulzer-Papiere legen am frühen Nachmittag in einem freundlichen Gesamtmarkt um 5,8% zu auf 104,90 CHF zu. (awp/mc/upd/ps)