Richemont-Besitzerfamilie setzt sich gegen Investor Bluebell durch
Genf – Die Aktionärinnen und Aktionäre des Schmuck- und Uhrenkonzerns Richemont haben an der Generalversammlung vom Mittwoch der Besitzerfamilie um Verwaltungsratspräsident Johann Rupert den Rücken gestärkt. Die Forderungen des aktivistischen Investors Bluebell Capital waren chancenlos.
Bluebell hatte Mitte Juli einen Angriff auf die Zusammensetzung und Struktur des Verwaltungsrats von Richemont gewagt. Das Londoner Investmenthaus forderte die Wahl eines Vertreters der Publikumsaktionäre (A-Aktionäre) und präsentierte sogleich mit dem ehemaligen Bulgari-Chef Francesco Trapani einen eigenen Kandidaten für diese Aufgabe.
Zudem sollten die Statuten so angepasst werden, dass mindestens gleichviele Vertreter der A-Aktionäre wie solche von der B-Aktionäre im Rat sitzen. Beim Genfer Konzern hat nämlich die Rupert-Familie mit ihren stimmgewichtigen und nicht an der Börse gehandelten B-Aktien das Sagen. Sie hält knapp 10 Prozent am Konzern und hat mit 51 Prozent die Stimmenmehrheit.
Gegen die Pläne von Bluebell wehrten sich Richemont und Johann Rupert vehement, mit Schreiben an die Aktionäre oder Zeitungsinterviews. Ein Dorn im Auge war Rupert, dass Trapani enge Beziehungen zum grossen Konkurrenten LVMH pflegt. Nachdem der französische Konzern Bulgari im Jahr 2011 gekauft hatte, übernahm Trapani wichtige Posten bei LVMH.
Luhabe schlägt Trapani
Rupert schlug seinerseits zur erstmaligen Wahl einer A-Vertretung im Verwaltungsrat Wendy Luhabe vor und hatte am Mittwoch Erfolg damit. Die Südafrikanerin, die als unabhängiges Mitglied seit zwei Jahren im Rat sitzt, wurde mit 84 Prozent der Stimmen gewählt. Trapani hingegen erhielt lediglich 9,5 Prozent Zustimmung. Abstimmen durften hier nur die A-Aktionäre.
Ebenso deutlich mit Nein-Stimmen von 82 Prozent und mehr wurden die beiden weiteren Anträge von Bluebell abgelehnt. Mit den Statutenanpassungen zur Struktur des Verwaltungsrats wollte die Gesellschaft den Einfluss der Ruperts im Verwaltungsrat eindämmen. Die ordentlichen Traktanden wurden von den Aktionären mit deutlichem Mehr durchgewunken.
«Ich bin glücklich, dass die Aktionäre dem Verwaltungsrat das Vertrauen ausgesprochen haben», sagte Rupert am Ende der GV. Während der Veranstaltung hatten auch Vertreter von Bluebell das Wort ergriffen und für ihren Kandidaten geworben. Dabei kam es teilweise zu hitzigen Diskussionen.
Am Ende zeigte sich trotz verlorener Schlacht auch Bluebell-Vertreter Giuseppe Bivona zufrieden. Nun hätten die A-Aktionäre immerhin eine Vertretung im Rat, sagte er zu AWP. «Das ist erst der Anfang und wir werden Geduld haben und weitermachen.»
Unsicheres Marktumfeld
Nach dem Erfolg von Rupert an der GV dürfte es um Richemont wieder etwas ruhiger werden und das ist auch nötig. Denn nach wie vor gelten im wichtigsten Absatzmarkt China strenge Corona-Regeln, die den Verkauf von Luxusgütern erschweren. Zudem wächst die Sorge vor einer weltweiten Rezession.
Immerhin hat Richemont zuletzt für die rote Zahlen schreibende Online-Tochter YNAP eine Lösung gefunden. Sie soll in den Händen des britischen Onlinehändlers Farfetch auf Erfolg getrimmt werden. Die Misserfolge im Onlinegeschäft wurden in der Vergangenheit nicht nur von Bluebell sondern auch von Analysten und anderen Anlegern angeprangert. (awp/mc/pg)