Genf – Der Luxusgüterkonzern Richemont ist im Umbau: Künftig sollen teure Uhren und Schmuckstücke nicht mehr vorwiegend in Shops an exklusiven Lagen in Städten wie New York oder Paris verkauft werden. Auf dem Programm steht der Ausbau des Angebots im Internet.
Die Genfer investieren dafür viel Geld. In dem im März abgeschlossenen Geschäftsjahr 2018/19 kaufte Richemont für rund 2,5 Milliarden Euro die restlichen 50 Prozent am Onlineverkäufer Yoox Net-a-Porter auf. Und im letzten Sommer übernahm man die auf den Handel von Second Hand-Uhren spezialisierte britische Plattform Watchfinder.com.
Aufbau einer digitalen Technologie-Plattform
Gleichzeitig sei die Gruppe daran, mit dem Know-how von Yoox für alle Marken im Haus eine digitale Technologie-Plattform aufzubauen, erklärte Richemont-Chef Jérôme Lambert am Freitag. Ziel ist es, die Richemont-Produkte nicht nur in Europa oder den USA über das Internet anzubieten, sondern auch in Asien und dort vor allem in China.
Zusammenarbeit mit Alibaba
Im «Reich der Mitte» spannt Richemont mit dem Onlineriesen Alibaba zusammen. Gemeinsam entwickeln die beiden Konzerne mit Blick auf die stark wachsende Zahl junger Kunden, den sogenannten Millennials, neue Applikationen. Die ersten Apps sollen noch während des laufenden Geschäftsjahres lanciert werden. Die Arbeiten dazu seien auf Kurs, sagte Lambert.
Anhaltendes Wachstum in China
China ist für die Luxusgüterindustrie der mit Abstand wichtigste Markt. Und wie die Zahlen von Richemont zeigen, scheint der Konsumhunger der Chinesen trotz Handelsstreit mit den USA und der drohenden Konjunkturabkühlung noch längst nicht gestillt.
Im abgelaufenen Jahr sei das Geschäft in Festlandchina mit zweistelligen Prozentraten gewachsen, hielt Finanzchef Burkhart Grund fest. Die Region Asien-Pazifik legte dabei um Sonder- und Währungseffekte bereinigt im Umsatz um 14 Prozent zu. In der Region macht die Gruppe bereits 37 Prozent des Umsatzes.
Insgesamt kletterten die Verkäufe um gut ein Viertel auf 14,0 Milliarden Euro. Ohne die Übernahmen von Yoox Net-a-Porter und Watchfinder.com verblieb ein Plus von immerhin noch 8 Prozent, während Analysten einen Anstieg um 7 Prozent erwartet hatten.
Nebst Asien entwickelte sich auch das Geschäft in Nordamerika sehr gut (organisch +11%). Dagegen legte die Gruppe in Europa nur leicht zu. Gemäss CFO Grund haben die Gelbwesten-Unruhen in Frankreich, das schwache Abschneiden der mittlerweile verkauften Lederwarenmarke Lancel oder das «Brexit-Chaos» den Verlauf auf dem «Alten Kontinent» belastet.
Profitable Schmuckstücke
Die getätigten Zukäufe erschweren nicht nur den Blick auf die Umsätze, sondern machen auch die Ergebnisse kaum vergleichbar. Abschreibungen und Verluste in der Online-Sparte liessen die operative Marge im Berichtsjahr um 2,8 Prozentpunkte auf 13,9 Prozent zurückfallen. Um die zahlreichen Sondereinflüsse bereinigt läge sie jedoch bei knapp 20 Prozent, stellte der Finanzchef klar.
Der Treiber in Sachen Profitabilität bleibt das hochprofitable Schmuckgeschäft. Dort legte die Marge um 1,6 Punkte auf 31,5 Prozent zu. Dabei habe Cartier – die wichtigste Marke des Konzerns – mit neuen Schmuckkollektionen gepunktet.
Zu einer Margensteigerung von gar 3 Punkten auf 12,7 Prozent ist es im Uhrengeschäft gekommen. Da gilt es allerdings zu bedenken, dass das Vorjahr durch Uhrenrückkäufe aus Lagerbeständen von Händlern belastet worden war.
Höhere Dividende
Unter dem Strich kletterte der Reingewinn auf 2,79 Milliarden Euro nach 1,22 Milliarden im Jahr davor. Dabei profitierte Richemont von der Neubewertung der Yoox-Aktien, welche man vor der Lancierung des Kaufangebots selbst gehalten hatte. Den Aktionären soll eine um 5 Prozent auf 2 Franken je Aktie erhöhte Dividende ausbezahlt werden.
An der Börse reagierten die Anleger mit Abgaben auf die Zahlenvorlage, ehe der Kurs klar ins Plus kletterte. Während die Investitionen ins Online-Geschäft kurzfristig auf die Profitabilität drücken, böten sie langfristig Wachstumspotenzial, hiess es am Markt. Bis Börsenschluss zogen die Richemont-Aktien um satte 2,8 Prozent an.