Genf – Der Luxusgüterkonzern Richemont ist im abgelaufenen Geschäftsjahr gewachsen und hat mehr Gewinn erwirtschaftet. Die hohen Erwartungen der Börse konnten die Genfer jedoch nicht erfüllen. Hohe Kosten für den Rückkauf von Uhren sowie Abschreibungen trübten das Bild. Als Folge davon verliert die Aktie nach einem zuletzt sehr guten Lauf deutlich an Wert.
Die Stimmung am Luxusgütermarkt hatte sich in den vergangenen zwölf Monaten spürbar aufgehellt. Chinesische Konsumenten waren in Kauflaune. Das hatte sich an den Uhrenmessen Anfang Jahr in Genf und Ende März in Basel gezeigt. Und das war auch an den steigenden Exporten von Schweizer Uhren und am Wachstum des Branchennachbarn Swatch Gruppe abzulesen.
Auch Richemont wuchs in dem im März zu Ende gegangenen Geschäftsjahr 2017/18. Wie die Gruppe am Freitag mitteilte, nahm der Umsatz um 3 Prozent auf 11,0 Milliarden Euro zu; in Lokalwährungen errechnet sich sogar ein Plus von 8 Prozent. Im Schlussquartal schwächte sich die Dynamik allerdings leicht ab; in den ersten neun Monaten hatte man nämlich noch einen Zuwachs von 10 Prozent erreicht.
Asien boomt – Europa schwächelt
Besonders gut entwickelt sich das Geschäft mit Schmuck und Luxusuhren in Asien-Pazifik: In Lokalwährungen legte Richemont in der mittlerweile wichtigsten Region um 17 Prozent zu. Märkte wie Hongkong, Macau oder Südkorea profitieren am meisten von den wachsenden Touristenströmen aus Festlandchina.
Glaubt man den Worten von Cyrille Vigneron, dem Chef der Schmuckmarke Cartier, so ist noch kein Ende des Booms in Sicht. «In den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren sehen wir im Geschäft mit chinesischen Kunden noch weitere grosse Wachstumschancen», sagte er vor Analysten mit Blick auf die anhaltend grösser werdende Mittelschicht im «Reich der Mitte».
Steigende Absätze registrierte Richemont auch in Amerika (+8%), Japan (+6%) und Mittlerer Osten/Afrika (+2%). Demgegenüber schwächelte das Geschäft in Europa: Der Umsatz nahm dort um 2 Prozent auf knapp 3 Milliarden ab. Die Stärke des Euro, Lagerrückkäufe im Schlussquartal und Anpassungen im Verkaufsnetz machten auf dem «alten Kontinent» zu schaffen.
Nach Produktkategorien übertrumpfte die Schmucksparte mit einem Umsatzplus von 9 Prozent die Uhrmacher. Die Einnahmen der Uhrensparte mit Marken wie IWC, Piaget oder JaegerLeCoultre gingen sogar um 6 Prozent zurück, hätten sich allerdings ohne den Einfluss der Lagerrückkäufe auf Vorjahresniveau bewegt, hiess es.
Rückkaufe belasten
Die Rückkäufe von Ladenhütern nahm Richemont in erster Linie bei Händlern in Asien und Europa vor, um Platz für neue Kollektionen zu schaffen. Diese Massnahme hatte man bereits im Jahr davor bei Cartier ergriffen. Nun befänden sich die Lagerbestände auf eine «gesunden» Niveau, versicherte Finanzchef Burkhart Grund.
Zusammen mit den Abschreibungen auf Bilanzwerten der zum Verkauf stehenden Ledermarke Lancel und dem bereits verkauften Modelabel Shanghai Tang, belasteten Sondereffekte den Betriebsgewinn mit 208 Millionen. Das operative Ergebnis nahm dennoch um 5 Prozent auf 1,84 Milliarden Euro zu.
Unter dem Strich verblieb ein leicht über Vorjahr liegender Gewinn von 1,22 Milliarden. Hier hat die US-Steuerreform belastet. Den Aktionäre soll indessen je Titel eine um 10 Rappen auf 1,90 Franken erhöhte Dividende bezahlt werden.
Aktie unter Druck
Im Ausblick äusserte sich Verwaltungsratspräsident und Mehrheitsaktionär Johann Rupert gewohnt zurückhaltend. Nach wie vor sieht er die Richemont-Marken gut positioniert, um langfristige Erfolge zu erzielen.
An der Börse half das wenig, die Richemont-Papiere kamen von Beginn weg unter Druck. Bis Börsenschluss büsste die Aktie 5,3 Prozent ein, doch verbleibt seit Jahresbeginn so noch immer ein Plus von beinahe 6 Prozent. Richemont hatte vor allem mit den Gewinnzahlen und der schwachen Entwicklung in Europa enttäuscht. (awp/mc/pg)